Mahngang auf dem Internationalen Friedhof

Am Karfreitag fand auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund ein Mahngang statt.  Dmitriy Kostovarov erinnerte mit einer kurzen Ansprache an die sowjetischen Kriegsopfer:

Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,

würde ich alle bekannten Namen der sowjetischen Kriegsopfer, die hier begraben sind, verlesen, würde das 6 Stunden und 13 Minuten dauern . 4473 Namen sowjetischer Kriegsopfer sind bekannt, wie viele es wirklich sind, wissen wir bis heute nicht. Diese Menschen sind in Dortmund ums Leben gekommen, sie stammten aus alle 15 Sowjetrepubliken und sehr viele von ihnen kam aus der Ukraine.

Erinnerung an Mark Sabeljewitsch Bolschakow

Heute möchte ich an einen Verstorbenen erinnern.
Mark Sabeljewitsch Bolschakow, er wurde am 12. September 1912 geboren, von Beruf war er Elektromonteur. Er stammte aus dem Dorf Lewino im Gebiet Tambow, das auf halber Strecke zwischen Moskau und Wolgograd liegt. Bereits am 23. Juni 1941 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft und kam in ein Gefangenenlager in Ostpreußen. Er wollte sich mit der Gefangenschaft nicht abfinden und unternahm dort Fluchtversuche. Deshalb durfte er das Lager nicht mehr verlassen. Seine Personalkarte hat den Vermerk „Achtung“ und „Darf nicht mehr in Arbeitseinsatz“. Mehr als 2 Jahre verbrachte er in Lagern in Ostpreußen. An 3. September 1943 wurde er in das westfälische Hemer in das Kriegsgefangenenlager Stalag VI A gebracht und von dort zum Arbeitseinsatz auf die Zeche Hugo in Gelsenkirchen-Buer. Dort unternahm er einen weiteren Fluchtversuch, er wurde gefasst und in ein Straflager nach Dortmund auf die Zeche Dorstfeld gebracht. Gemeinsam mit Alexej Pawlowskij, dessen Bild auf Feld 3 zu sehen ist, unternahm er am 22. Dezember 1943 einen weiteren Fluchtversuch. Bei diesem Fluchtversuch wurden beide erschossen. Mark Bolschakow ist, wie auch Alexej Pawlowskij, auf Feld 3 begraben. Seit kurzem erinnert eine Holztafel an Mark Bolschakow. Diese Holztafel wurde durch eine private Initiative auf Feld 3 aufgestellt. Aber viele Jahrzehnte gab es für ihn, wie für alle sowjetischen Kriegsopfer keine namentliche Erinnerung. Der Friedhof erinnert auch heute mehr an einen Park als an eine Begräbnisstätte.

Die Gräber wurden eingeebnet

Stellen wir vor wie der Friedhof Ende 1945 aussah. Überall hier auf 11 Gräberfelder standen 1320 weiße Kreuze für Zivilarbeiter und Zivilarbeiterinnen und deren Kinder. Auf jedem Kreuz war ein Name. Dazwischen standen auf den 621 Gräbern der verstorbenen Kriegsgefangenen, deren Namen bekannt waren, Holzstangen und Blechschilder mit ihren Namen und Erkennungsmarkennummern. Mehr als 3000 verstorbene Kriegsgefangene aus dem Kriegsgefangenenlager Stalag VI D, das in Dortmund an der Westfalenhalle war, wurden laut Sterbebuch anonym begraben, ohne Kreuz, ohne Erinnerung.

Stellen wir uns vor auf diesem Friedhof ständen heute 4473 Kreuze für die sowjetische Kriegsopfer, deren Namen wir kennen. Die große Zahl der Kreuze würden das Ausmaß des Leidens und Sterbens der sowjetischen Kriegsopfer augenfällig machen. Doch Kreuze kamen für die Landesregierung Ende der 1950ziger Jahre nicht in Frage. Die Landesregierung entschied, dass der Preis von 70 DM je Kreuz bei der Vielzahl der Grabmale zu hoch sei. Die Gräber wurden eingeebnet. Es entstand die parkähnliche Anlage, wie wir sie heute sehen.

Erst vor 8 Jahren wurde ein Projekt ins Leben gerufen. Endlich sollten die sowjetischen Kriegsopfer namentlich genannt werden. 58 Stelen aus Marmor sollten auf den Grabfeldern aufgestellt werden. Dieses Projekt wurde bis heute nicht realisiert. Die Stadt Dortmund nennt, trotz Anfrage, bis heute die Gründe nicht. Doch es ist an der Zeit, dass auch der sowjetischen Kriegsopfer mit ihren Namen gedacht wird
.

Vier Holztafeln erinnern an sowjetische Kriegsopfer

Der Historische Verein Ar.kod.M errichtete auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund vier Holztafeln. Erinnert wird mit diesen Holztafeln an :

Michail Danilowitisch Liwar
Er wurde 1907 in Poltawa geboren, er war verheiratet. Am 17. Februar 1942 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Sein letzter Arbeitseinsatz war in Dortmund Eving. Er starb am 11. Januar 1943 an Herzschwäche und wurde in Grab 1 auf Feld 3 begraben.

Mark Sabeljewitsch Bolschakow

Er  wurde 12. September 1912 im Dorf Lewina geboren. Am 23. Juni 1941 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Gemeinsam mit Alexej Pawlowskj, unternahm er am 22. Dezember 1943 einen Fluchtversuch. Bei diesem Fluchtversuch wurden beide erschossen. Mark Bolschakow ist, ebenso wie Alexej Pawlowskij, auf Feld 3 begraben.

Fratia Pawlowa
Sie wurde im Jahr 1915 geboren. Über ihr Leben und ihr Schicksal als Zwangsarbeiterin in Dortmund wissen wir nichts. Sie starb am 17. Mai 1945 in Dortmund und wurde auf Feld 19, Grab 67, begraben. Ihre Beerdigung dort ist das erste bekannte Begräbnis auf Feld 19.

Illarion Maiborod,
Er wurde am 20. Oktober 1904 in Stalino, dem heutigen Donezk, geboren. Fälschlicherweise wird er bis heute unter dem Namen Illarion Ualibard geführt.  Er wurde nach Dortmund zur Zwangsarbeit verschleppt. Am 12.September 1944 starb er in Dortmund und wurde auf Feld 9 begraben.

Wie für große Mehrzahl der sowjetischen Kriegsopfer, gibt es auch für die vier Verstorben bisher keine namentliche Erinnerung, keinen Grabstein, keine Namensstele. Sie sind bis heute namenlos. Mit der Aufstellung  der vier Holztafeln sollen die vier Verstorben ihre Namen zurückerhalten.

Gleichzeitig soll die Aufstellung der Tafeln eine Mahnung für die Stadt Dortmund sein endlich die 58 geplanten Stelen mit den Namen der sowjetischen Kriegsopfer auf dem Internationalen Friedhof zu errichten, denn Holz ist kein Marmor. Holztafeln können die geplanten Stelen nicht ersetzen.

Gedenken an die verunglückten Bergleute auf Zeche Sachsen

Auf Einladung des Knappenvereins Heessen fand auf dem Dasbecker Friedhof eine Gedenkstunde zur Erinnerung an das Grubenunglück auf Zeche Sachsen statt.

Am 3. April 1944 ereignete sich im Flöz Präsent durch Entzündung eines Gas-Luft-Gemischs eine Schlagwetterexplosion. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten 80 Bergleute im Streb, 76 sowjetische Kriegsgefangene und 4 deutsche Arbeiter. Weitere 52 Bergleute, 25 deutsche Arbeiter, 18 sowjetische Kriegsgefangene und 12 polnische und sowjetische Zivilarbeiter waren im Streckenvortrieb und in der Strebförderung beschäftigt. Bei Rettungs- und Löscharbeiten starben weitere Bergleute. Dieses Grubenunglück war das schwerste, das sich je auf der Zeche Sachsen ereignete. Die schreckliche Bilanz waren 169 Tote, 127 fanden ihr Grab unter Tage.

An der Gedenkstunde auf dem Dasbecker Friedhof nahmen der Oberbürgermeister der Stadt Hamm, Marc Herter, und die Bezirksbürgermeisterin des Stadtbezirks Hamm-Hessen, Erzina Brenneke, teil und ein Vertreter der Gewerkschaft IGBCE . In ihren Ansprachen wiesen sie darauf hin, dass der Berg keine Nationalitäten kennt. Gemeinsam fanden die Bergleute bei dem verheerenden Grubenunglück am 3. April 1944 unter Tage den Tod und viele von ihnen auch ein gemeinsames Grab.

Stellvertretende für die Verstorben stellen wir Seinal Aliew vor, der am 3. April auf Zeche Sachsen anfuhr und bei dem Grubenunglück starb.

Seinal Aliew wurde 1898 in der SSR Aserbaidschan geboren und ist Landarbeiter.

Anfang Juli 1942 gerät er bei Stary Oskol unweit von Woronesch in Kriegsgefangenschaft. Er kommt zunächst in das Kriegsgefangenenlager Stalag 339 bei Kiew. Ende Februar 1943 bringt man ihn in das Stalag IX B Fallingbostel, wo er Registrierungspapier erhält. Dort muss er in zwei verschiedenen Arbeitskommandos Zwangsarbeit leisten.

Am 4. September 1943 verlegt man ihn in das Stalag VI K Senne und am 8. September in das Arbeitskommando 506R Zeche Sachsen.

Erinnerung an Alexej Schwez

Der Historische Verein Ar.kod.M e.V. erinnerte an den sowjetischen Kriegsgefangenen Alexej Schwez. Das Gedenken fand auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund statt, wo mehrere tausenden sowjetischen Kriegsopfern ohne eine namentliche Erinnerung begraben sind.

Alexej Schwez war 40 Jahre alt, als er im Kriegsgefangenenlager (Stalag VI D) in Dortmund starb. Er stammte aus Gebiet Nikolajew in der heutigen Ukraine. Über ihn und seinen Schicksal in der Kriegsgefangenschaft wissen wir wenig. Vielleicht musste, wie viele andere, auf den Zechen des Ruhrgebiets Zwangsarbeit leisten.

Ab Herbst 1942 wurden sowjetische Kriegsgefangene im Bergbau eingesetzt , um den Energiebedarf für die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe zu sichern und den Arbeitskräftemangel zu beseitigen, der durch die Einberufung von Bergleuten zur Wehrmacht entstanden war. Tausende Gefangene wurden im Mannschaftsstammlager VI K (326) in der ostwestfälischen Senne registriert und dann in das Stalag VI A im sauerländischen Hemer gebraucht. Von dort kamen die Gefangenen sofort in die Arbeitskommandos auf den Zechen des Ruhrgebiets. Viele Gefangene waren da bereits geschwächt. Für die Erhaltung und Wiederherstellung ihrer Gesundheit wurde nichts getan. In Betrieben und Zechen mussten sie dennoch sehr hart arbeiten, ohne dass sie ausreichende Ernährung, Kleidung und Unterkunft erhielten. Viele Gefangene erkrankten aufgrund der mangelnden Fürsorge schwer. Waren sie nicht mehr arbeitsfähig, brachte man sie in Dortmund in das Stalag VI D. Das Lager befand sich an der Westfalenhalle auf dem heutigen Messegelände.

Alexej Schwez ist am Nachmittag des 6. Novembers 1943 im Mannschaftsstammlager (Stalag) VI D Dortmund an Lungen-Tbc gestorben. Er wurde auf dem Internationalen Friedhof auf Feld II in Grab 1840 beerdigt.

ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangene sind nicht vergessen – Erinnern für Frieden und Abrüstung

                                     

Am 19. Juni fand auf dem Südfriedhof in Herne eine Gedenkstunde statt.
Dmitriy Kostovarov, 1. Vorsitzender des Historischen Vereins Ar.kod.M e.V. war eingeladen auf dieser Gedenkstunde zu sprechen.

Liebe Freundinnen und Freunde, meine Damen und Herren,
Das diesjährige Gedenken findet in einer Zeit statt, in der es wieder Krieg in Europa gibt, ein Krieg der viele Menschen hier zu tiefst erschüttert. Ein Ort wie dieser, der die Ruhestätte für Kriegsopfer ist, muss für uns eine Mahnung sein und eine Aufforderung uns für das Ende von Krieg und Tod einzusetzen. Verhandlungen schaffen Frieden, nicht weitere Krieg und noch mehr Waffen. Ein Ort wie dieser zeigt uns deutlich, welche Folgen es hat, wenn wir unsere Herzen und Gedanken für Kriegspropaganda öffnen.
Am 22. Juni 1941, fast genau vor 81 Jahren, überfiel Hitlerdeutschland die Sowjetunion. Ein grausamer Vernichtungskrieg begann. Dieser Krieg kostete mindestens 27 Millionen sowjetischer Bürgerinnen und Bürger das Leben. In den ersten Tagen und Wochen des Krieges gerieten mehr als 3 Millionen  Rotarmisten in deutsche Kriegsgefangenschaft. Hitlerdeutschland betrieb gegenüber der Bevölkerung in der Sowjetunion einen Vernichtungskriegs. Der Tod von Millionen Menschen wurde in Kauf genommen. Dieser Vernichtungskrieg traf auch die Kriegsgefangenen. Bis Februar 1942, also innerhalb von 6 Monaten, kamen 2 Millionen Rotarmisten in deutscher Kriegsgefangenschaft ums Leben.

Mahnmal auf dem Südfriedhof in Herne

Zwangsarbeit im Ruhrgebiet

Aber bereits im Sommer 1941 forderte die deutsche Industrie den Einsatz von Kriegsgefangenen im Bergbau, in den Stahlwerken und der Rüstungsindustrie. So wurden auch sowjetische Kriegsgefangene eingesetzt. Im Sommer 1944 waren alleine 95.000 sowjetische Kriegsgefangene im Ruhrbergbau eingesetzt.
100tausende Menschen aus der Sowjetunion mussten im Ruhrgebiet Zwangsarbeit leisten. Ohne ausreichende Ernährung, ohne geeignet Kleidung, eine entsprechende Unterkunft und die notwendige Gesundheitsversorgung mussten sie auf den Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben schuften. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die Demütigungen und Bestrafung waren Teil eines rassistischen Programms. Dieser Rassismus rechtfertigte das verbrecherische Handeln. Viele tausend Menschen haben hier ihr Leben verloren. Die Menschen starben an Hunger, fehlender Versorgung, bei Arbeitsunfällen und bei Bombenangriffen, denen sie schutzlos ausgesetzt waren. Der Vernichtungskrieg gegen die Menschen der Sowjetunion wurde im Ruhrgebiet fortgesetzt. Tippt man auf einer Karte des Ruhrgebiets auf einen beliebigen Ort, wird man dort einen Friedhof mit einer Grabstätte von sowjetischen Kriegsopfer finden. Auch in Herne ist das so. Achtet einmal bei Eurem nächsten Friedhofsbesuch darauf. Meistens sind die Gräber am Rande des Friedhofs, oft tragen sie keinen Namen, manchmal wirken sie ungepflegt oder verwahrlost.

Die Gefangenen leisten Widerstand

Doch die Menschen aus der Sowjetunion waren nicht nur Opfer, sie haben vielfältigen Widerstand geleistet. Durch Arbeitsverweigerung und Sabotagen. In den Kriegsgefangenenlagern gab es Widerstandsgruppen. Eine solche Widerstandsgruppe gab es im Lazarett des Stalag VI D an der Westfalenhalle in Dortmund. Die Abkürzung Stalag steht für Mannschaftsstammlager für Kriegsgefangene. Hunderttausend Kriegsgefangene durchliefen das Stalag in Dortmund. Sie wurden von hieraus in die Arbeitskommandos geschickt. Widerstandsgruppen waren häufig in Lazaretten aktiv. Dafür gibt es mehrere Gründe: Das Personal konnte sich richtig kennen lernen und Vertrauen aufbauen, da es selten Versetzungen gab. Ärzte und Pflegekräfte konnten sich freier bewegen als andere. Die Wachmannschaften betraten die Krankensäle selten. Sie hatten schlicht Angst, sich dort anzustecken. Eine wichtige Funktion des organisierten Widerstands war auch, die anderen Gefangenen moralisch zu stärken. Die Widerstandsgruppe im Stalag VI D wurde Ende 1944 entdeckt und zerschlagen. Die Leitung der Widerstandsgruppe kam in Gestapohaft. Einer der Aktivsten war Jakow Pogolovkin. Sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Er kehrt nach dem Krieg nicht nach Hause zurück. Er verschwand spurlos. Das spurlose Verschwindenlassen war eine Vorgehenswese der Gestapo. Alle Zeugen sollten beseitigt werden.

Der historische Verein Ar.kod.M hat in den vergangenen 15 Jahren eine große Anzahl als unbekannt begrabenen sowjetische Bürgerinnen und Bürger ausfindig machen können. Das ist für Kriegsgefangenen möglich. Sie hatten Registrierungspapiere. Verschleppte Zivilist*innen wurden bei ihrem Tod in den Standesämtern in den Städten und Gemeinden registriert. Es ist möglich diesen Verstorbenen zu finden und ihnen ihre Namen zurückzugeben. Eine Ausnahme bilden die Menschen, die von der Gestapo in den letzten Kriegstagen ermordet wurden. Ihrer können wir  wahrscheinlich nicht namentlich gedenken, wir müssen sie aber als mutige Kämpfer*innen in Erinnerung behalten. Mir ist es ein großes Anliegen die Erinnerung an die sowjetischen Kriegsopfer wachzuhalten. Ich arbeite dafür, den Verstorbenen ihren Namen und eine würdige Grabstätte zu geben. Dies ist in dieser schwierigen Zeit eine Herausforderung. Doch im Ruhrgebiet engagieren sich viele Menschen in der Erinnerungsarbeit. Das macht mir Mut. Wir sollten uns für eine gemeinsame Arbeit und für einen Austausch vernetzen.

Land und Kommunen stehen auch heute in der Verantwortung

Die Erinnerung an die Opfer des Krieges, an ihre Leben und Leiden in den Rüstungsbetrieben, den Stahlwerken und den Zechen darf aber nicht nur dem bürgerschaftlichen Engagement überlassen werden. Die Erinnerung an die Opfer des Kriegs ist auch Angelegenheit des Landes und aller Kommunen. Unsere Recherchen haben gezeigt, in kommunalen Archiven sind noch viele Dokumentensammlungen aus der Kriegs- und Nachkriegszeit vorhanden. Diese Sammlungen können über das Schicksal und den Verbleib von Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen Auskunft geben Vielfach ist die Dokumentation jedoch lückenhaft. Die Listen mit Verstorbenen enthalten oft den Vermerk „unbekannt“. Die Angaben über die Verstorbenen sind unvollständig. Die Namenslisten stammten meistens aus der Kriegs- und direkten Nachkriegszeit. Eine Ergänzung oder Korrektur der Listen ist sehr selten, obwohl sie nach Gräbergesetz durchgeführt werden muss. Oft lehnen Kommunen Ergänzungen der vorliegenden Dokumente ab. Sie konservieren den Erkenntnisstand über sowjetische Kriegsopfer aus der Jahren 1945 bis 1953. Die Dokumente geben aber oft die Sichtweise der Kriegs- und Nachkriegszeit wieder. Die Listen wurden auf Betreiben der Alliierten angefertigt. Sie wurden nicht selten von Beamten erstellt, die bereits während des Krieges in der Verwaltung tätig waren. Diese Beamten waren nicht unbefangen. Es wäre hilfreich, wenn in Nordrhein-Westfalen eine landesweite Abfrage durchgeführt würde über die Dokumentation von während des Krieges in den Städten und Gemeinden verstorbenen sowjetischen Kriegsopfern. Die Bestände sollten systematische erfasst werden. Hilfreich wäre es, wenn an Hochschulen dazu Forschungsprojekte ins Leben gerufen würden.

Grabstätte von Zwangsarbeiter*innen auf dem Südfriedhof in Herne. Anders als auf dem Südfriedhof in Herne fehlen auf den großen Friedhöfen in Nordrhein-Westfalen persönliche Erinnerungen an die Verstorbenen

Ebenso hilfreich wäre es, wenn es Vorgaben des Landes zur Pflege der Gräber von Kriegsopfern gäbe und kein Unterschied bei der Grabpflege von Kriegsopfern gemacht würde. Die Grabstätten sowjetischer Kriegsgefangener und Zivilarbeiter*innen unterscheiden sich oft deutlich von den Grabstätten anderer Kriegsopfer. In den vergangenen 15 Jahren besuchten wir viele Friedhöfe, auf denen sowjetische Kriegsgefangene sowie Zivilarbeiter*innen und deren Kinder begraben sind. Wir sahen wie unterschiedlich der Zustand dieser Grabstätten ist. Wir fanden Grabstätten mit Einzelgräbern. Auf den Gräbern waren Grabsteine mit den Namen der Verstorbenen. Wir sahen aber auch Rasenflächen und mit verborgen Obelisken in verwahrlosten Gebüschen. Manchmal befanden sich diese Grabstätten in unmittelbarer Nähe zu gepflegten Gräbern deutscher Kriegsopfer. Die großen Friedhöfe mit Gräbern sowjetischer Bürgerinnen und Bürger haben heute manchmal einen parkähnlichen Charakter. Viele Menschen sind erschrocken, wenn sie erfahren, dass es sich um Gräberfelder handelt.  Die Verantwortung für die Pflege der Grabstätten sowjetischer Kriegsopfer liegt, gemäß Gräbergesetz in Nordrhein-Westfalen bei den Kommunen. Der Zustand der Friedhöfe zeigt, es gibt entweder keine einheitlichen Richtlinien für die Pflege dieser Gräber oder diese Richtlinien werden nicht flächendeckend umgesetzt. Eine Erhebung zum Zustand der Grabstätten von sowjetischen Kriegsopfern im Land Nordrhein-Westfalen ist erforderlich. Es darf keine Unterschiede in der Pflege von Kriegsgräbern geben. Auch auf den Gräbern sowjetischer Kriegsopfer müssen Grabsteine oder Stelen mit den Namen der Verstorben stehen.
In den Staaten der ehemaligen Sowjetunion gibt es bis heute ein großes Interesse an einem persönlichen Gedenken an die im Zweiten Weltkrieg umgekommenen Familienangehörigen. Nicht vergessen werden sollte, dass die Sowjetunion 27 Millionen Kriegsopfer zu beklagen hat. Das bedeutet, dass es in jeder Familie Kriegsopfer gibt.

Gedenken am 22. Juni 2022 in Dortmund

Am 22. Juni 1941 begann der  Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion. 27 Millionen Menschen aus der Sowjetunion verloren ihr Leben. Nahezu jede Familie hat Opfer zu beklagen.
In Dortmund wurde mit einem Gedenken an der Westfalenhalle und auf dem Internationalen Friedhof an den Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion erinnert.

Von der Wehrmacht wurde dieser Vernichtungskrieg aktiv und mit ideologischer Überzeugung umgesetzt. Dazu gehörten die Erschießung aller gefangenen Politkommissare der Roten Armee, die Massaker an der Zivilbevölkerung zur Vergeltung von sowjetischen Partisanenaktionen und das Massensterben infolge der deutschen Hungerpolitik. 10 Millionen Soldaten der Wehrmacht trugen an der Ostfront die Verantwortung für den Tod von 11 Millionen Rotarmisten und 14 Millionen Zivilisten. Der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion ermöglichte erst den Holocaust. SS-Einheiten und Polizei-Bataillone ermordeten in der Sowjetunion mehr als 3 Millionen Juden.

3,3 Millionen sowjetische Soldaten starben in deutscher Kriegsgefangenschaft

Ein Großverbrechen war der lange geleugnete und vergessene Tod von 3,3 Millionen sowjetischen Soldaten in deutscher Kriegsgefangenschaft. Sie waren Wehrmachtssoldaten als Bewachern ausgeliefert und wurden zu Tausenden erschossen. Die meisten starben an Hunger, an Seuchen und nicht behandelten Krankheiten. Die Sterblichkeit lag bei 60 Prozent. Ab Herbst 1942 wurden sowjetische Kriegsgefangene zur Zwangsarbeit eingesetzt. Viele kamen ins Ruhrgebiet. Ohne ausreichende Ernährung, ohne geeignet Kleidung, ohne eine entsprechende Unterkunft und ohne die notwendige Gesundheitsversorgung mussten sie auf den Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben schuften. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, die Demütigungen und Bestrafung waren Teil eines rassistischen Programms. Dieser Rassismus rechtfertigte das verbrecherische Handeln.  Der Vernichtungskrieg gegen die Menschen der Sowjetunion wurde im Ruhrgebiet fortgesetzt. Das Stalag VI D in Dortmund an der Westfalenhalle war ein Ort des Leidens und Sterbens für zigtausende sowjetische Kriegsgefangene. Vom Stalag VI D aus wurden sie in die Arbeitskommandos geschickt. Viele kamen völlig erschöpft und krank von der harten Arbeit in das Stalag zurück und starben im Lazarett.

Nikolaj Nowikow starb im Stalag VI D an der Westfalenhalle in Dortmund. Er war der erster sowjetische Kriegsgefangenen, der auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg begraben wurde

Frauen in der Rotenarmee

Ob im Stalag VI D auch Frauen waren ist nicht bekannt. Rotarmistinnen, die in deutsche Kriegsgefangenschaft gerieten, wurden in der Regel sofort von den Männern getrennt. Die gefangenen Frauen wurden bis 1943 nur selten nach Deutschland gebracht. Sie blieben in den Lagern in den besetzten Gebieten in eigens abgetrennten Bereichen. Ab 1943 wurden die Frauen aufgrund des Arbeitskräftemangels im Deutschen Reich offiziell aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Sie mussten – als zivile „Ostarbeiterinnen“ oder als KZ-Häftlinge der SS – Zwangsarbeit leisten. Zwischen 800.000 und einer Millionen Frauen waren zwischen 1941 und 1945 in der Roten Armee

Portraits erinnern an sowjetische Kriegsopfer

Anfang Dezember erinnerte Ar.kod.M  auf dem Internationalen Friedhof an 3 sowjetische Kriegsopfer, die von ihren Angehörigen jahrzehntelang gesucht werden. Die Familien hatten Arkod.M um Hilfe bei den Nachforschungen gebeten.

So fragte eine Familie nach Tatjana Martynowna Tereschtschenko und sandte uns ein Foto. Tatajana Tereschtschenko musste in Dortmund Zwangsarbeit leisten. Was ihr geschah, ist bis heute unbekannt. Sie verschwand spurlos, den Angehörigen blieb nur die Erinnerung. Tatjana Tereschtschenko war Zivilarbeiterin in Dortmund. Sie hätte in Dortmund gemeldet sein müssen, über ihr Ableben müsste es eine Sterbeurkunde geben.

Auch Nikolaj Wazhenins Schicksal war unbekannt. Seine Familie hat sehr lange nach ihm gesucht. Nikolaj Wazhenin war Kriegsgefangener, deshalb wurde von der Wehrmacht registriert. Seine Daten sind in einer international zugänglichen Datenbank gespeichert. Er stammt aus dem Altai und geriet bereits in den ersten Tagen nach dem Überfall auf die Sowjetunion in Kriegsgefangenschaft. Seine Registrierungspapiere zeigen den Weg durch die Lager. Er starb Mitte März 1944 im Stalag VI D in Dortmund und wurde auf dem Internationalen Friedhof begraben. Im Sterbebuch für „Russische Kriegsgefangene“, das vom Friedhofsamt der Stadt Dortmund geführt wurde, finden sich Mitte März 1944 mehr als 15 Einträge von Verstorbenen aus dem Stalag VI D mit dem Vermerk „Unbekannt“. Die Namen und damit auch Erinnerungen an die ums Leben gebrachten Menschen aus dem Stalag VI D sollten für immer verschwinden.

Jakow Martynowitsch Pugolowkin war ebenfalls Kriegsgefangener im Stalag VI D. Er arbeitete im Lazarett des Stalag. Ein Mitgefangener berichtete der Familie nach dem Krieg, dass Jakow Pugolowkin aktives Mitglied einer Widerstandsgruppe war. Diese Widerstandsgruppe arbeitete vor allem im Lazarett des Stalag VI D, denn dort wurden nicht nur Schwerkranke behandelt, sondern auch viele Gefangene, die wieder in  Arbeitskommandos im gesamten Regierungsbezirk Arnsberg geschickt wurden. Die Widerstandsgruppe versorgte diese Gefangenen mit Informationen und handgeschriebenen Flugblättern, die diese mit in die Arbeitskommandos nahmen. Ende 1944 wurde die Widerstandsgruppe entdeckt und zerschlagen. Die bekannten Mitglieder wurden verhaftet. Im Februar 1945 unternahm Jakow Pugolowkin einen Fluchtversuch bei dem er verletzt wurde, dann verliert sich seine Spur.

Spurlos verschwinden lassen war die Methode der Nazis auch in den letzten Kriegstagen. Den Gefangenen wurde alles abgenommen, was zu ihrer Identifizierung hätte führen können. Auch von den 300 Ermordeten, derer am Karfreitag in der Bittermark in Dortmund gedacht wird, sind nur 100 namentlich bekannt.  Fast 200 Ermordete sind bisher unbekannt. Es handelt sich vor allem um sowjetische  Bürger*innen. Niemand in Dortmund fragte nach ihnen und wie sie hießen, auch wurde bisher kaum etwas unternommen, um ihre Identität zu ermitteln. Es kann gut sein, dass Jakow Pugolowkin unter den ermordeten unbekannten Widerstandskämpfern ist.

Neue Geschichtsstele auf dem Dasbecker Friedhof in Hamm Heessen

Der Öffentlichkeit wurde, im Rahmen des Gedenkens zum Volkstrauertag, auf dem Dasbecker Friedhof eine Geschichtsstele übergeben, mit der der verunglückten sowjetischen Kriegsgefangenen gedacht wird. In den frühen Morgenstunden des 3. April 1944 ereignete sich auf der Zeche Sachsen eine Schlagwetterexplosion. Insgesamt kamen 169 Bergleute um, 127 fanden ihr Grab unter Tage. Unter den Verunglückten waren 101 sowjetische Kriegsgefangene.

von links Dmitriy Kostovarov, historischer Verein Ar.kod.M; Bezirksbürgermeisterin Erzina Brennecke; Oberbürgermeister Marc Herter; Anton Wolkow, Vizekonsul der Russischen Föderation, Monika Simshäuser, 1.Bürgermeisterin, Pfarrer Matthias David

Auf dem Dasbecker Friedhof in Hamm Heessen befinden sich bisher ein Gedenkstein und eine Platte mit den Namen der verunglückten deutschen Bergleute. Für die verunglückten sowjetischen Bergleute wurde 1947 ein Denkmal errichtet, auf dem ihre Namen verzeichnet waren. Es befand sich auf dem Zechengelände und wurde 1987 abgebaut und zerstört.

Die Bezirksbürgermeisterin Erzina Brennecke erinnerte bei der Übergabe der Geschichtsstelle an das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen, die auf den Zechen des Ruhrgebiets Zwangsarbeit leisten mussten. Zuvor hatte auch der Oberbürgermeister Marc Herter in seiner Ansprache zum Volkstrauertag erklärt, das Gedenken zum Volkstrauertag gelte auch den sowjetischen Kriegsopfern.
Die Geschichtstele, die sich in unmittelbarer Nähe zum Gedenkstein für die Verunglückten Bergleute befindet, erinnert an die Menschen, die in Heessen Zwangsarbeit leisten mussten und nennt die Namen der 101 verunglückten sowjetischen Kriegsgefangenen.

Russischer Generalkonsul gedenkt sowjetischer Kriegsopfer auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg

Am 10. November besuchte der russische Generalkonsul Alexej Alexandrowitsch Dronow den Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund. Er legte am sowjetischen Ehrenmal einen Kranz nieder. Anlass für diesen Besuch war das Gedenken an Nikolai Nowikow, der vor 80 Jahren, am 11. November 1941, auf dem Internationalen Friedhof begraben wurde.

Nikolai Nowikow war der erste sowjetische Kriegsgefangene, dessen Beerdigung auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund dokumentiert ist. Ihm folgten tausende sowjetische Bürgerinnen und Bürger, sie stammten aus allen Sowjetrepubliken. Heute kennen wir 4470 Namen. Wie viele sowjetische Kriegsopfer tatsächlich hier begraben sind, ist bis jetzt nicht bekannt.

An Menschen erinnern, nicht an Zahlen

In seiner Ansprache betonte der russische Generalkonsul, wie wichtig das Gedenken an den einzelnen Menschen und sein Schicksal ist.

v.l. Vater Igor; Alexej Dronow, Russischer Generalkonsul; Dr. Stefan Mühlhofer , Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge; Dmitriy Kostovarow, Historischer Verein Ar.kod.M

Nikolaj Nowikow wurde am 20. Mai 1909 geboren, er stammte aus dem Dorf Lugi im Gebiet Leningrad. Er war mit Maria Petrowna Nowikowa verheiratet und in der Landwirtschaft tätig. Im Sommer 1941 wurde er aus einem friedlichen Leben gerissen. Am 11. Juli 1941 geriet er in deutsche Kriegsgefangenschaft. Es folgten viele Wochen in deutschen Lagern. Die Gefangenen erhielten kaum Nahrung und Wasser, keine Unterkunft und keine medizinische Versorgung, dennoch mussten sie lange Fußmärsche bewältigen. Die Verschleppung ins Deutsche Reich geschah in offenen Güterwagen. Der Weg durch die Lager bedeutete für sehr viele Gefangene den Tod. Von Juli 1941 bis Februar 1942 wurden 2.000.000 sowjetische Kriegsgefangene in deutschen Lagern ums Leben gebracht. Am 16. Oktober 1941 kam Nikolai Nowikow im Lager VI K in der Senne an und wurde dort registriert. Er erhielt die Erkennungsmarken-Nr. 13006. Er wurde nach Dortmund in das Stalag VI D an der Westfalenhalle gebracht. Dort wurde von Gefangenen das Lager C aufbauen, in dem bis 1944 hundertausende sowjetische Kriegsgefangene waren. Viele kamen geschwächt und krank in Dortmund an. Für die Erhaltung und Wiederherstellung ihrer Gesundheit wurde nichts getan. Nikolaj Nowikow starb am 6. November 1941 im Stalag VI D in Dortmund an der Westfalenhalle und wurde am 11. November auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg, auf Feld 2 begraben. Wo genau sich seinen Grabstätte auf Feld 2 befindet, ist nicht bekannt.

Die Erinnerung an Nikolaj Nowikov soll Mahnung sein

Wie viele Todesfälle es im Jahr 1941 gab, ist nicht bekannt. Bis zum Jahresende 1941 sind offiziell 50 Sterbefälle von sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag VI D in das Sterbebuch eingetragen. Nikolaj Nowikow war einer von ihnen. Ab dem 9. Dezember 1941 ging man dazu über die verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag VI D nicht mehr namentlich einzutragen, es gibt nur noch den Eintrag „Unbekannt“. Die Erinnerung an Nikolaj Nowikow soll so auch Mahnung sein, dauerhafte persönliche Erinnerungen für die sowjetischen Kriegsopfer auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg zu schaffen.

Gedenken auf dem Friedhof des Stalag VI K Stukenbrock in der Senne

In diesem Jahr ist es 80 Jahre her, dass Nazideutschland die Sowjetunion überfiel und einen Vernichtungskrieg gegen sie führte. Nach offiziellen Angaben starben 27 Millionen Menschen. 5 Millionen sowjetische Soldaten gerieten in deutsche Kriegsgefangenschaft, von denen mindesten 3 Millionen ums Leben gebracht wurden. Bis zum Februar 1942 kamen zwei Millionen Rotarmisten um. Der Tod von Millionen Menschen wurde durch ein rassistisches und menschenverachtendes Programm der Nazis gerechtfertigt. Im Herbst 1941 befanden sich 350.000 sowjetische Kriegsgefangene im Reichsgebiet, 48.000 im Stalag VI K (326) Senne bei Stukenbrock. Das Stalag VI K war damals ein umzäuntes, unbebautes Areal, die Gefangenen hausten in Erdlöchern. Unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen, Hunger, fehlende Versorgung und eine demütigende Behandlung blieb das Schicksal der Gefangenen. Fast 5 Jahre war das Stalag VI K in der Senne ein Ort des Leidens und Sterbens für tausende Kriegsgefangene. Mehr als 350.000 sowjetische Kriegsgefangene durchliefen das Lager. Die Gefangenen wurden aus dem Stalag(Stammlager) VI K ins Ruhrgebiet gebracht und mussten auf Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit leisten.

Bis zur Befreiung des Lagers im April 1945 wurden dort  65000 Menschen ums Leben gebracht. „Im April 1945 öffneten sich die Tore des Lagers .Aber nicht allen gelang es, den Tag der “zweiten Geburt“ zu erleben. Dem Blick öffnete sich ein weites Feld mit den Hügeln der unbekannten Gräber. Hier ruht die Bevölkerung einer ganzen Stadt… Wir können nicht so wegfahren beschlossen die ehemaligen Gefangenen. Wir errichten den Kameraden ein Denkmal. Möge es ewig daran erinnern, was Faschismus ist.“ erinnerte sich ein Überlebender.

Geplant ist nun eine Gedenkstätte von nationaler Bedeutung auf dem Gelände des ehemaligen Stalag VI K in Stukenbrock. Bund und Land haben dafür die Mittel zugesagt. In den Redebeiträgen wurde eine Gedenkstätte gefordert, die die Verbrechen der Wehrmacht verdeutlicht,  das Leiden der Gefangenen für die Besucher erlebbar macht und die Rolle der Roten Armee bei der Befreiung vom Hitler-Faschismus würdigt. Die geplante Gedenkstätte muss ein Ort sein, an dem aus der Vergangenheit gelernt werden kann.