Stellungnahme des Historischen Vereins Ar.kod.M zur aktuellen Situation der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne

Wie wir erfahren haben, hat es der Kreistag des Landkreises Gütersloh abgelehnt zukünftige eine Beteiligung an den Betriebskosten der „Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne“ zu übernehmen. Der Fortbestand der Gedenkstätte ist damit gefährdet. Der Historische Verein Arkod.M e.V. , der sich mit dem Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener, die während des zweiten Weltkriegs in deutsche Gefangenschaft geraten sind, beschäftigt, hat diese Entscheidung mit Trauer und Empörung zur Kenntnis genommen. Die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne war in den vergangenen Jahrzehnten einer der wichtigsten Erinnerungsort in ganzem westdeutschen Raum.

Während des 2. Weltkriegs war das Stalag 326 (VI K) Senne im Westen Deutschlands das größte Registrierungslager insbesondere für sowjetische Kriegsgefangenen. Es war darüber hinaus ein Ort an dem Kriegsgefangenen verschiedener Länder gequält und getötet wurden. In Nordrhein-Westfalen gehört es heute zu den wenigen Orten an denen Originalgebäude der Mannschaftsstammlager (Stalag) erhalten geblieben sind. In diesen Gebäuden befindet sich die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne, die mit einem beispielhaften bürgerschaftlichen Engagement betrieben wird. Dort befindet sich neben einer Ausstellung auch ein Archiv mit Dokumenten. Die Gedenkstätte ist daher von großer Bedeutung für die Erinnerungsarbeit. Während des 2. Weltkriegs gab es in den Wehrkreisen der deutschen Wehrmacht eine große Zahl von Kriegsgefangenenlagern. An sehr vielen Orten sind nicht nur die Gebäude der Lager verschwunden, sondern auch die Erinnerung an die Lager und die Menschen, die hier gefangen gehalten wurden. Insofern ist die Gedenkstätte Stalag 326, die sich in den letzten erhaltenen Gebäuden des Stalag 326 befindet, ein wichtiger Ort der Erinnerung. Sollte ein solcher Eckstein fallen, hat das Auswirkungen auf die Gedenk- und Erinnerungsarbeit in unserem Land.

Unsere Forschungen über verschiedene Arbeitseinsätze und Arbeitskommando von sowjetischen Kriegsgefangenen und verschleppten Zivilisten zeigen geraden die Verbindung zwischen Stalag 326 und anderen Lagern in Westdeutschland. Das Stalag 326 (VI K) Senne war ein Registrierungs- und Musterungslager für Kriegsgefangene. Die als arbeitsfähig befundenen Kriegsgefangenen wurden von hier aus in die Kriegsgefangenenlager im Ruhrgebiet, in die Stalags VI A Hemer und VI D Dortmund, gebracht und von dort in die Arbeitskommandos der Rüstungsindustrie, der Zechen und Stahlwerke. Bereits im Herbst 1941 brachte man die ersten sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag 326 (VI K) in das Stalag VI D nach Dortmund.

Einer dieser Kriegsgefangenen war Nikolai Nowikow. Er stammte aus dem Gebiet Leningrad. Als er am 11. Juli 1941 in deutsche Kriegsgefangenschaft geriet, war er 32 Jahre alt. Am 16. Oktober 1941 kam er im Stalag 326 (VI K) in der Senne an und wurde dort registriert . Man brachte ihn dann nach Dortmund in das Stalag VI D an der Westfalenhalle. Dort sollte er mit anderen Gefangenen das Lager C aufbauen. Er starb am 6. November 1941 im Stalag VI D und wurde am 11. November auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund begraben.

Ab Herbst 1942 wurden im Ruhrgebiet und Westfalen sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl eingesetzt. Dies geschah auf Verlangen von Vertretern des Ruhrbergbaus und der Stahlindustrie, denn durch die zunehmende Einberufung von Männern zur Wehrmacht bestand ein großer Arbeitskräftemangel.Das Stalag 326 (VI K) Senne wurde nun im Lagersystem der Wehrmacht einer der wichtigsten Ort im Westen Deutschlands für die Registrierung, Musterung und Verteilung von Kriegsgefangenen zur Zwangsarbeit im Ruhrgebiet, in Westfalen und im Rheinland.

Der sowjetische Kriegsgefangene Daniil Kowalenko geriet am 3. Juni 1942 bei Sewastopol in deutsche Kriegsgefangenschaft. Er wurde im Stalag 326 (VI K) Senne registriert. Man brachte ihn am 11. November 1942 in das Stalag VI A nach Hemer und am 1. Dezember dann in ein Arbeitskommando nach Dortmund auf die Zeche Kaiserstuhl. Nachdem er durch die schwere Arbeit auf der Zeche arbeitsunfähig und krank wurde, kam er am 19. Juni 1944 ins Emsland, in das Stalag VI C Bathorn, wo er kurze Zeit später starb.

Die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne erforscht seit vielen Jahren das Leben und Leiden der Kriegsgefangenen. Durch ihre Arbeit ist sie für viele Menschen ein wichtiger Ort der Erinnerung geworden. Bis heute wenden sich Familien vom umgekommenen Kriegsgefangenen mit Anfragen an die Gedenkstätte, bis heute betreut die Gedenkstätte diese Familien.

Mit ihrer Arbeit hat die Gedenkstätte seit mehreren Jahrzehnten in der Region, im Westen Deutschland und weit darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungsarbeit geleistet.

Wie Gedenkstätten der KZs Buchwald, Mauthausen oder Auschwitz über den Ort hinaus wirken und den Besucher*innen die Verbrechen der Nazis in Erinnerung bringen, so leistet auch die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne einen Beitrag zur Gedenk- und Erinnerungsarbeit. Dies könnte sie umso mehr durch die größeren Möglichkeiten nach der geplanten Neukonzeption und Erweiterung.

Die Gedenkstätte muss erhalten bleiben und erweitert werden, da sie für die Erinnerungsarbeit ein Eckstein ist. Auf diesem Grund bitten wir den Kreistag des Kreises Gütersloh noch einmal dieses Thema zu diskutieren und erforderlichen Mittel bereitzustellen.

Dortmund, 4. Oktober 2023

Ankunft im Lager Stukenbrock

Vor einiger Zeit besuchte ich in der Gedenkstätte Stalag 326 einen Fotoworkshop. Wir wollten Eindrücke vom ehemaligen Kriegsgefangenenlager in der Senne gewinnen, dazu haben wir die letzten erhalten Gebäuden auf dem ehemaligen Lagergelände und Erinnerungsorte in der Umgebung fotographische festgehalten. So suchte ich auch den Bahnhof Hövelhof auf und ging ein Stück auf dem Russenpad.

Im Sommer 1941 und in den Jahren bis zum Ende des 2. Weltkriegs kamen mehrere hunderttausend zumeist sowjetische Kriegsgefangene in das Kriegsgefangenenlager Stalag 326. Erschöpft nach einer tagelangen Fahrt, hungrig und durstig, erreichten die Gefangenen den Bahnhof des Städtchens Hövelhof. Die Männer hatten in überfüllten Waggons, oft ohne Nahrung und Wasser, eine Weg vom 1500 km und mehr aus den Frontlagern in den besetzten Gebieten in Polen und der Sowjetunion hinter sich. In den Frontlagern wurden sie hinter Stacheldraht gefangen gehalten. Die Gefangenen starben vor Hunger, an Verwundungen und Krankheiten. Verletzte und Kranke versorgte man nicht. Gesunde und junge Gefangene wurden mit Güterzügen nach Deutschland zur Zwangsarbeit abtransportiert, so auch in die ostwestfälische Senne. Nach ihrer Ankunft in Hövelhof wurden sie über den sog. Russenpad in das 5 Kilometer entfernte Lager gebracht und von dort zur Zwangsarbeit ins Ruhrgebiet.

Einer der Männer war Pjotr Terentjewitsch Jankowskij. Er berichtet über seinen ersten Tag im Lager Stukenbrock, wie er am Bahnhof in Hövelhof ankommt, auf dem Russenpad ins Lager geht und was im Lager mit den Gefangenen geschieht.

„Neben den Waggons war Gestampfe und deutsches Sprechen zu hören. Sie öffneten die Türen der Waggons. In unsere Wagen strömte kühle Luft mit einem unangenehmen Brandgeruch. Uns wurde übel. Dann kam das Kommando zum Ausladen. Unser Transport war in einem dichten Kreis umringt von deutschen Soldaten, die an Leinen Schäferhunde hielten. Es sah aus, als würden die größten Verbrecher aus den Waggons entladen und nicht wir die Kriegsgefangenen. Auf dem Vorplatz erschienen zusammen mit den Deutschen auch die russischen* Lagerpolizisten in Uniform, die für uns Verräter waren. An der erregenden, nervenzerreißenden Situation konnte man merken, daß uns eine große Unannehmlichkeit bevorstand.“

Bahnhof Hövelhof

„Alles ringsherum war grau, öde, nur Sand und irgendwelche kümmerliche Pflanzen. Grau und finster allein schon die Pfähle, die mit Reihen von Stacheldraht umwickelt waren…“
„Wir holten die Toten und Kranken aus den Waggons und legten sie auf den Platz gegenüber. Während des Ausladens verkleideten wir eilig den Schlitz im Boden unseres Waggons, durch den junge Gefangene auf dem Weg von Winniza* nach Polen geflüchtet waren.“ …

*gemeint ist das Stalag 329 Winnyzja/Ukraine

„Nachdem wir uns in einer Kolonne zu fünf Personen in einer Reihe aufgestellt hatten, kamen wir unter das Kommando eines rothaarigen Lagerpolizisten. Unterdessen waren für die Toten Fuhrwerke zum Bahnhof gekommen. Die Soldaten und die Polizisten vom Lagerschutz warfen die Leichen und auch die Kranken wie Holzstücke auf die Wagen. Sie hoben sogar diejenigen mit auf die Fuhrwerke, die hinter der Kolonne aus Schwäche zurückgeblieben waren. Die Gefangenen blieben stehen, alle erstarrten gleichsam; es gab eine allgemeine Verwirrung. Einige, die dieses unmenschliche Vorgehen nicht mit ansehen konnten, fingen hysterisch an zu schreien. „Warum steht ihr hier? Vorwärts, vorwärts!“ schrie der rothaarige Polizist. Aber die Kolonne bewegte sich nicht von der Stelle, sie stand wie versteinert. Sofort warfen sich die Soldaten auf die Kolonne und ergriffen alle, die geschrien hatten, um sie mit auf den Kastenwagen zu werfen. „Vorwärts, sage ich, vorwärts“, schrie der Rothaarige. „Wenn ihr euch nicht vorwärts bewegt, wird das deutsche Kommando euch alle vernichten, wie Rebellen!“ Und die Soldaten der Bewachung begannen, die Kolonne mit den Gewehrkolben vorwärtszustoßen.“…

in der Übersetzung des Textes wird offensichtlich der Begriff „russisch“ benutzt wenn „sowjetisch“ gemeint ist, hier handelt es sich wohl um sowjetische Kriegsgefangene, die als Hilfspolizisten im Stalag arbeiteten

Eindrücke vom sog. Russenpad

„Wir hielten endlich auf dem Lagerplatz an.“…„Überall sah man Stacheldraht, dieses Symbol der faschistischen „neuen Ordnung“. Entlang dem Drahtzaun befanden sich Türme, die mit Maschinengewehren und Scheinwerfern bestückt waren. Auf den Türmen standen Wachposten mit Stahlhelmen und in mausgrauen Uniformen. Das waren die Wachen der „neuen Ordnung“. Hinter dem Zaun niedrige Holzplattenbaracken, je drei Baracken in einem Abteil. Zwischen den Abteilen erneut Draht, soweit das Auge reichte. Dieser Art war der erste Eindruck vom Lager Stuckenbrock, diesem faschistischen Todeslager, wo Tausende Angehörige der Roten Armee und Soldaten aus anderen Ländern Europas in der Gefangenschaft gehalten wurden.“…

…Auf dem Appellplatz fragte der Lagerkommandant sich an die Kolonne wendend: „hat jemand Fragen?“ … Aus den Reihen den Gefangenen ertönte eine Stimme: „Herr Kommandant, wir sind Gefangene, aber wir werden nicht behandelt wie Gefangene“. …. Es trat ein Man zwischen 40 und 45 Jahren vor. Auf seine Schultern hing leere Tasche  aus hausgewebter Leinwand. „Ich habe einen Passierschein.“ Der Faschist beachtete das Papier nicht. Er schrie: „Weg, weg!“ Und mit alle Kraft trat er den Gefangenen mit dem Fuss in den Bauch“….  „Das Papier, das der Gefangenen fallenlassen hatte, als die Polizisten ihm abführten, lag auf dem Boden“….„Ich werde dieses Papier suchen und es aufheben, entschloss ich mich. Nach dem Weggehen der Deutschen verteilten wir uns auf dem Platz und ich fand es bald. Wir lasen es laut vor. Der Inhalt war ungefähr folgender: Das deutsche Kommando schlug russische* Soldaten vor, sich zu ergeben und in Gefangenschaft zu gehen. Alle Gefangenen versprach es die Sicherheit für ihr Leben, gute Behandlung und ausreiche Ernährung. Niemand sagte zu dem Inhalt dieses Schreibens etwas; alle hörten schweigend zu“.

**gemeint sind sowjetische Kriegsgefangene

„Die Pause dauerte nicht lange. Die Lagerpolizisten kommandierten: „Antreten in Fünferreihen!“ Sie zählten nach und teilten für je zehn Leute eine Person zum Essenempfang ein. Die Ausgezählten gingen um das Essen zu holen. Mittagessen ist in den Kriegsgefangenenlagern ein relativer Begriff. Das, was die Faschisten für unsere Kriegsgefangenen zubereiteten, war besonders für uns Neuankömmlinge eine Zumutung. Die Mängelernährung in den Lagern war eines der Elemente der physischen Vernichtung von Sowjetbürgern. Das war klar ersichtlich an diesem „Mittagessen“, das sie aus der Lagerküche brachten. Diese „Balanda“ (Wassersuppe) war unmöglich zu essen. Sie wurde zubereitet aus eingesäuerter, verfaulter Steckrüben- und Futtermasse. Der Mensch ist ein vernunftbegabtes Wesen, das während einer Hungersnot um seine Existenz fürchtet und sich zwingen kann, das zu essen, was kein Tier zu sich nehmen würde. Aber diese Balanda konnte niemand essen. Nur das „Brot“ wurde aufgegessen. Es war aus getrockneten Zuckerrübenschnitzeln unter Zusatz von Holzspänen gebacken worden.“…

Erhaltene Verbotsinschriften in der Entlausung im Text „Lagerbad“

„An der Grenze der menschlichen Kraft, ermüdet, hungrig, ausgezehrt vom langen Unterwegssein …, führten sie uns nun noch in das Lagerbad zur sanitären Behandlung. Vor dem Eingang in das Bad ließen sie uns in Reih und Glied antreten und ein deutscher Soldat erklärte uns die Ordnung für den Durchlauf.“…

Innenansicht aus der Entlausung

Die Köpfe schoren sie uns kahl. Die Haare an den übrigen Köperteilen sollten wir uns selbst abrasieren. Im Auskleideraum nahmen uns Kriegsgefangene unsere Kleidungsstücke ab. Danach gaben sie uns auf Befehl eines Deutschen Rasiermesser, die stumpf waren. Wie sollte man es wohl schaffen mit solchen stumpfen Rasiermessern am eigenen Körper, wo nur Haut und Knochen waren, die Haare abzurasieren? Und dazu kam noch, daß von Hunger, von der ungeheuren Müdigkeit und von der starken nervlichen Anspannung die Hände zitterten und nichts halten konnten. Bald kamen zu uns zwei Arbeiter des Bades: „Los, Kinder, rasieren solange der Deutsche nicht da ist! Wir machen auch die Messer ein bißchen schärfer; wir ziehen sie ab!“ Als sie zurückkamen, begannen sie selbst, uns am Körper die Haare abzurasieren.“

Die hier veröffentlichten Auszüge des Augenberichts „Der erste Tag des Aufenthaltes im Lager Stukenbrock – Aus den Aufzeichnungen des ehemaligen Gefangenen P.T. Jankowskij“ ist dem Buch „Das Lager 326 – Augenzeugenberichte, Fotos, Dokumente“, entnommen. Herausgeber ist der Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock e.V., Porta Westfalica, 1988, die Rechtschreibung im Text wurde beibehalten

Gegen das Vergessen

Heute ist es auch hierzulande Tradition am 8. und am 9. Mai Blumen an Ehrenmalen und Gräbern sowjetischer Kriegsopfer niederzulegen. Dieses Gedenken erinnert daran, wie schwer der Sieg über den Hitlerfaschismus von der Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion erkämpft wurde. Nahezu jede Familie hat den Verlust von Angehörigen zu beklagen.

Damals mussten Millionen Menschen aus der Sowjetunion Zwangsarbeit in Deutschland leisten. So auch im Ruhrgebiet. Viele sind an der harten Arbeit und ihren fürchterlichen Lebensbedingungen gestorben.

Familien, die am 9. Mai nicht nach Deutschland zum Grab ihres Angehörigen reisen können, bitten daher den Historischen Verein Ar.kod.M e.V. das Grab am 9. Mai zu besuchen und mit Blumen an die Verstorbenen zu erinnern.

Vielgestaltiges Erinnern

Als in den späten Abendstunden des 8. Mai 1945 in Berlin Karlshorst die bedingungslose Kapitulation von deutschen Generälen unterschrieben wurde, endete in Europa der Zweite Weltkrieg. Für die Alliierten war es der Tag des Sieges über Hitlerdeutschland und die Wehrmacht. Für Millionen Zwangsarbeiter*innen, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge bedeutete dieser Tag ihre Befreiung aus Zwangsarbeit und den faschistischen Lagern. Für die Menschen überall in Europa war es die Befreiung von deutscher Besatzung und vom Faschismus.  

Auch die Gefangenen des Stalag VI K in der Senne kamen frei. Bereits Anfang April besetzen Britischen Truppen das Kriegsgefangenenlager Stalag VI K. Die Überlebenden, zumeist sowjetische Kriegsgefangene, beschlossen zum Gedenken an die tausenden Rotarmisten, die im Stalag VI K ums Leben gebracht wurden, ein Denkmal auf dem Lagerfriedhof zu errichten. Dieses Denkmal wurde unter großer Anteilnahme am 2. Mai 1945 eingeweiht.

Auch heute noch kommen viele Menschen, in Erinnerung an den Tag der Befreiung, um den 8. Mai herum auf den Friedhof des Stalag VI K nach Stukenbrock und legen dort Blumen nieder. Die Motive der Besucher*innen mögen sehr unterschiedlich sein und nicht immer geht es nur um ein Gedenken an die Opfer des Krieges und den Tag der Befreiung vom Faschismus.

Unter den Besucher*innen am 8. Mai sind auch Familien, die ganz persönlich eines Angehörigen gedenken wollen, der im Stalag VI K umkam. Sie kommen zum Grab ihres Großvater oder Urgroßvaters und legen dort Blumen nieder. So erinnern sie am Tag des Sieges und der Befreiung daran, mit welchen großen persönlichen Verlusten für die Familien aus der Sowjetunion dieser Sieg erkämpft wurde.

Auch Alexandr und Vitali Belous, die im vergangenen Jahr vor Krieg und Zerstörung aus der Ukraine geflohen waren, besuchten den Friedhof. Alexandrs Großvater, Anatoli Ruge, geriet als Rotarmist in deutsche Kriegsgefangenschaft. Man brachte ihn in das Stalag VI K, wo er im März 1944 starb. Er hinterließ eine Ehefrau und eine kleine Tochter.

Alexandr und Vitali Belous an dem Platz, an dem sich das Grab von Anatoli Ruge befindet. Vitali sucht den Namen seines Urgroßvaters auf einer Stele auf dem Friedhof des Stalag VI K

Eine Tafel an seiner Grabreihe erinnert heute an Anatoli Ruge. Alexandr Belous, sein Enkel, hat diese Tafel aufgestellt. Er sagt: „Uns ist das Gedenken wichtig, es bedeutet uns sehr viel.“

Die Befreiung des Stalag 326

Am Nachmittag des 2. April 1945 wurde das Stalag 326 (VI K) Stukenbrock in der Senne befreit. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich im Lager etwa 10.000 Kriegsgefangene, darunter etwa 1000 Kranke im Lazarett. Für die Bewachung des Lagers waren nur noch etwa 50 Wehrmachtssoldaten zurückgeblieben. Ab dem 20. März waren amerikanische Truppen an das Lager herangerückt. Aufseiten der Wehrmacht gab es verschiedene Auffassungen wie mit dem Stalag umgegangen werden sollte. Einerseits bestand die Auffassung, das Lager mithilfe der in Augustdorf stationierten SS zu verteidigen, andererseits gab es die Auffassung, das Lager kampflos zu übergeben. Dadurch war das Lager aber von deutscher Seite praktisch führerlos geworden. Die deutsche Lagerleitung hatte auch die Versorgung der Kriegsgefangenen eingestellt, obwohl noch Lebensmittelmittel im Lager waren.

Stalag 326

Im Lazarett des Stalag hatte sich Ende März bereits eine Initiativgruppe bestehend aus sowjetischen Offizieren gebildet, der unter anderen Oberst Kurinin und die Militärärzte Siltschenko und Matwejew angehörten. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt gewissermaßen die Leitung des Lagers übernommen und baten um eine Unterredung mit dem deutschen Lagerkommandanten. Diese Unterredung fand am Vormittag des 2. Aprils statt. Die sowjetische Delegation forderte unter anderem die sofortige Versorgung und die künftige Selbstversorgung der Gefangenen mit Lebensmitteln sowie die Übergabe des Lagers in die Verwaltung der sowjetischen Initiativgruppe. Der Militärarzt Oberstleutnant  Matwejew berichtet über diese Unterredung: „Wir erläuterten dem deutschen Lagerkommandanten, dass die Gefangenen kein Brot bekämen und die Küche aufgehört habe, Essen zuzubereiten, so dass die Gefangenen durch den Hunger bis zum Äußersten gebracht würden. Der deutsche Oberst war gezwungen, uns zuzustimmen in Bezug auf die Unhaltbarkeit der geschaffenen Lage und gab in unserer Anwesenheit den Befehl, für die Gefangenen Nahrungsmittel auszugeben. Dieser Befehl wurde sofort ausgeführt, denn  als wir nach der Zusammenkunft mit dem Kommandanten durch die Baracken gingen, um die Gefangenen zu beruhigen und ihnen zu sagen, dass die Befreiung nahe sei, wurde zu dieser Zeit bereits Brot, Zucker und Margarine verteilt.“

Lagerführung des Stalag 326 nach der Befreiung

Um 14.00 Uhr erreichten die amerikanischen Truppen das Lager. In den folgenden Tagen organisierten die Amerikaner die Versorgung für die ehemaligen Kriegsgefangenen. „Es gab Dauerkeks, Büchsenmilch, Fruchtkonserven, Milchpulver und anderes“ berichtete G.M. Matwejew. Die Ernährung für die ehemaligen Gefangenen verbessert sich, sie wurden neu eingekleidet und jeder erhielt ein Bett mit Bettzeug. Die Kranken wurden in Krankenhäuser verlegt. Die Initiativgruppe übernahm die Organisation des Lagers.


Am Tag nach der Befreiung ging die neue Lagerführung auf den Friedhof der Kriegsgefangenen in Stukenbrock. Der Militärarzt Siltschenko schildert, was sie sahen: „36 große Massengräber, jedes 116 Meter lang und 2,20 Meter breit, die sich auf freiem Feld befanden. Die Grabhügel waren 10 bis 12 cm hoch und ragten kaum über die Erde. Eines der Gräber war noch nicht zugeschüttet, und man sah die Leichen, manche völlig nackt, manche in Papiersäcken, in sechs Schichten übereinander…Die Führung fasste den Entschluss, das Andenken an die zu früh umgekommenen Sowjetsoldaten zu verewigen“ So fertigte der Künstler A.A. Mordan, der selbst Gefangener des Lagers 326 war, einen Entwurf für ein Ehrenmal an.

Die Fotos und die Zitate der Zeitzeugenberichte sind dem Buch „Das Lager 326, Augenzeugenberichte, Fotos, Dokumente“, Herausgeber Arbeitskreis Blumen für Stukenbrock, Porta Westfalica, 1988, entnommen

Zwangsarbeit im Ruhrbergbau

Als Hitlerdeutschland am 22. Juni 1941 die Sowjetunion überfiel, ging nicht nur darum, den Sowjetstaates zu beseitigen und die Menschen zu versklaven. Millionen Menschen sollten ermordet werden. Der Vernichtungskrieg gegen Sowjetunion und die Menschen dort wurde aber nicht nur im Osten geführt, sondern er setzte sich im Deutschen Reich fort. Millionen sowjetische Bürger*innen wurden verschleppt und mussten Zwangsarbeit leisten. Viele kamen ins Ruhrgebiet und ins Rheinland und mussten auf Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben schuften. Ein besonders hartes Schicksal hatten die sowjetischen Kriegsgefangenen.

Die deutsche Schwerindustrie profitiert

Kohle war für die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe der wichtigste Energieträger. Im Ruhrgebiet gab es in den 1930ziger Jahren mehr als 120 Zechen. Um den Energiebedarf für die Stahlwerke und Rüstungsbetriebe zu sichern und den Arbeitskräftemangel, der durch die zunehmende Einberufung von Bergleuten zur Wehrmacht entstanden war, zu beseitigen, forderte die Reichsvereinigung Kohle bereits im Sommer 1941 sowjetische Kriegsgefangene verstärkt im Bergbau einzusetzen. Die Reichsvereinigung Kohle wurde im Frühjahr 1941, auf Vorschlag der Industrie, gegründet. Beteiligt waren u.a. Alfred Krupp und Friedrich Flick. Vorsitzender wurde Paul Pleiger, der aus Witten stammte. Er war ein sehr hoher Nazifunktionär und wurde nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen den Frieden, Plünderung und Beteiligung an Zwangsarbeiterprogrammen angeklagt und zu 15 Jahren Freiheitsstrafe verteilt. Er kam jedoch bereits 1951 frei.


Mit ihrer Forderung sowjetische Kriegsgefangene auf den Zechen einzusetzen, hatte die Reichsvereinigung Kohle im Sommer 1942 Erfolg. Zur schnellen Zuweisung der Gefangenen funktionierte die Wehrmacht im Oktober 1942 das Stalag VI A (Mannschafts-stammlager) im sauerländischen Hemer zu einem speziellen „Bergbaulager“ um. Bereits im Herbst 1942 wurden sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl aus anderen Stalags in das Stalag VI A gebracht und von dort kamen sie sofort in die Arbeitskommandos, die sich ganz in der Nähe der Zechen befanden. Auch in Dortmund, u.a. auf Zeche Kaiserstuhl, die damals Hoesch gehörte, oder auf den Zechen der Gelsenkirchener Bergbau-AG, wurden sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl eingesetzt. Die Gelsenkirchener Bergbau-AG (GBAG) wurde in den 1930er Jahren als Betriebsgesellschaft für die Zechen der Vereinigten Stahlwerk AG gegründet. Erster Vorsitzender des Aufsichtsrates war Albert Vögler, Vorstandsvorsitzender war Gustav Knepper, der bekennender Nazi war und für seinen Umgang mit den Zwangsarbeitern das Kriegsverdienstkreuz erhielt. 1942 wurde Otto Springorum sein Nachfolger. Ehrenvorsitzender war der ehemalige Chef der GBAG Emil Kirdorf. In Dortmund gehörten der GBAG sechs vom  elf Zechen: Westhausen, Hansa, Minister Stein, Adolf von Hansemann, Zollern/Germania und Fürst Hardenberg.

Sklavenarbeit im Ruhrbergbau

Im Frühjahr 1943 dürften auf den 11 Dortmunder Zechen jeweils bis zu 500 sowjetische Kriegsgefangene in den Arbeitskommandos, in umzäunten und bewachten Lagern, gewesen sein.

Ohne ausreichende Ernährung, ohne geeignet Kleidung, ohne eine entsprechende Unterkunft und die notwendige Gesundheitsversorgung mussten die Gefangenen auf den Zechen schuften. Sie waren ständigen Demütigungen und Bestrafung ausgesetzt. Bombenangriffen waren sie ausgeliefert, da es ihnen nicht erlaubt war Schutzräume aufzusuchen. Bereits nach kurzer Zeit waren die Gefangenen aufgrund der schweren Arbeit und katastrophalen Lebensbedingungen völlig entkräftet und krank. Sie wurden in das Lazarett des Stalag VI D an der Westfalenhalle in Dortmund gebracht, wo viele starben und auf dem Ausländerfriedhof anonym begraben wurden.


Im Sommer 1944 schufteten rd. 94.000 sowjetische Kriegsgefangene im Ruhrbergbau. Die Gelsenkirchener Bergbau-AG und alle anderen Eigner der Zechen haben von der Sklavenarbeit sowjetischer Kriegsgefangener erheblich profitiert. Ebenso profitiert hat die Wehrmacht, die für jeden Gefangenen, der in der Industrie oder in die Landwirtschaft schuften musste, von den Unternehmen Geld erhielt. Über die Wehrmacht profitierte der faschistische Staat von den Gefangenen.

Die Opfer der Zwangsarbeit wurden schnell vergessen

In der Nachkriegszeit wurden die Menschen, die Opfer der Zwangsarbeit wurden, schnell vergessen. Nach ihnen wurde nicht geforscht, ihre Gräber wurden eingeebnet, ihre Namen wurden nicht genannt und blieben vielfach unbekannt. Das setzt sich bis heute fort, auch in Dortmund. Auf dem Internationalen Friedhof wird das Ausmaß des Sterbens und die Anzahl der sowjetischen Kriegsopfer bis heute nicht deutlich und die verstorbenen sowjetischen Bürger*innen haben auch 77 Jahre nach dem Ende des Krieges in der Öffentlichkeit keinen Namen. Die lange geplante Errichtung von Namensstelen für die sowjetischen Kriegsopfer ist bis heute nicht erfolgt. Inzwischen wurde das Projekt, nach Aussagen der Stadt Dortmund, wegen des Kriegs in der Ukraine zurückgestellt.

Zechen der Gelsenkirchener Bergwerks AG

Die Gelsenkirchener Bergbau-AG (GBAG) wurde in den 1930er Jahren als Betriebsgesellschaft für die Zechen der Vereinigten Stahlwerk AG gegründet, erster Vorsitzender des Aufsichtsrates war Albert Vögler, Vorstandsvorsitzender war Gustav Knepper, der bekennender Nazi war und für seinen Umgang mit den Zwangsarbeitern das Kriegsverdienstkreuz erhielt. 1942 wurde Otto Springorum sein Nachfolger. Ehrenvorsitzender war der ehemalige Chef der GBAG Emil Kirdorf. In ihrem Besitz befanden sich zahlreiche Zechen im Ruhrgebiet. Während des Krieges mussten tausende Menschen, Zivilarbeiter und Kriegsgefangene auf den Zechen der GBAG Zwangsarbeit leisten. 1944 bestand die Belegschaft zu etwa 50 % aus Zwangsarbeitern, etwa 44 % waren zivile Zwangsarbeiter, 56 % waren Kriegsgefangene, überwiegend aus der Sowjetunion.

ZecheStandortBelegschaftFörderung in t
EngelsburgBochum2.356741.120
CarolinenglückBochum2.345689.850
DannenbaumBochum1.245389.870
HollandBochum Wattenscheid2.8831.202.700
BruchstrasseBochum-Langendreer2.275720.230
Friedlicher NachbarBochum-Linden947366.960
Prinz RegentBochum-Weitmar3.105807.590
ErinCastrop-Rauxel2.8571.129.320
Minister SteinDortmund3.7442.066.040
Fürst HardenbergDortmund2.8461.324.810
Adolf von HansemannDortmund Mengede3.1161.149.240
WesthausenDortmund-Bodelschwingh2.547963.930
HansaDortmund-Huckarde2.557989.120
Zollern Verbund mit GermaniaDortmund-Kirchlinde3.2321.232.980
Friedrich ThyssenDuisburg Hamborn7.2422.414.390
LohbergDuisburg Hamborn2.3741.308.080
BeeckerwerthDuisburg Hamborn2.5521.231.730
WestendeDuisburg Meiderich2.028822.500
ZollvereinEssen-Katerberg6.8743.564.040
BonifaciusEssen-Kray2.6271.203.130
NordsternGelsenkirchen-Horst2.213661.810
Graf MoltkeGladbeck2.6311.162.900
PlutoWanne-Eickel2.284840.460

Die Tabelle zeigt die Belegschaft und die Fördermengen aus dem Jahr 1939. Entnommen wurde Tabelle aus Hans-Christoph Seidel „Der Ruhrbergbau im Zweiten Weltkrieg Zechen -Bergarbeiter-Zwangsarbeiter“ Schriftenreihe C: Arbeitseinsatz und Zwangsarbeit im Bergbau, Band 7, Klartext Verlag Essen 2010

1944 bestand die Belegschaft zu etwa 50 % aus Zwangsarbeitern, etwa 44 % waren zivile Zwangsarbeiter, 56 % waren Kriegsgefangene, überwiegend aus der Sowjetunion.

An Menschen erinnern, nicht an Zahlen

Der Historische Verein Ar.kod.M e.V. lädt zu einem Gedenken auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund, am 10.11.2021, um 12.00 Uhr ein.

Wir wollen an diesem Tag mit einer Kranzniederlegung an die Beerdigung des Kriegsgefangenen Nikolaj Nowikov am 11. November 1941 auf dem Internationalen Friedhof in Dortmund erinnern. Er war der erste sowjetische Kriegsgefangene, dessen Beerdigung auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund dokumentiert ist. Ihm folgten tausende sowjetische Bürgerinnen und Bürger, sie stammten aus allen Sowjetrepubliken. Heute kennen wir 4470 Namen. Wie viele sowjetische Kriegsopfer tatsächlich hier begraben sind, ist bis heute nicht bekannt.

Das Gedenken am 8./9. Mai oder am 22. Juni findet an einem historischen Datum statt. Wir erinnern uns der Millionen Kriegsopfer verschiedener Nationalität, die ihr Leben durch einen verbrecherischen Krieg verloren haben. Viele kamen in Kriegshandlungen um, viele wurde Opfer einer rassistischen Politik Nazideutschlands. Die Zahl der Opfer ist unfasslich, das Schicksal des Einzelnen tritt in den Hintergrund. Mit unserem Gedenken am 10.11. wollen wir an den einzelnen Menschen erinnern.

Über Nikolaj Nowikov ist uns wenig bekannt. Wir wissen, dass er im Sommer 1941 aus einem friedlichen Leben gerissen wurde. Wir wissen nicht woher er stammt, wie alt er war, ob er verheiratet war und welchen Beruf er hatte. Wir wissen nur, dass er am 6. November 1941 im Stalag VI D in Dortmund an der Westfalenhalle gestorben ist. Vermutlich geriet er in den ersten Wochen des Krieges in deutsche Kriegsgefangenschaft. Es folgten viele Wochen in deutschen Lagern. Die Gefangenen erhielten kam Nahrung und Wasser, keine Unterkunft und keine medizinische Versorgung, dennoch mussten sie lange Fußmärsche bewältigen. Die Verschleppung ins Deutsche Reich geschah in offenen Güterwagen. Der Weg durch die Lager bedeutete für sehr viele Gefangene den Tod. Von Juli 1941 bis Februar 1942 wurden 2.000.000 sowjetische Kriegsgefangene in deutschen Lagern ums Leben gebracht.

Wahrscheinlich kam Nikolaj Nowikov im Herbst 1941 über das Stalag VI K in der Senne nach Dortmund in das Stalag VI D, ins Lager B. Die Gefangenen sollten das Lager C aufbauen, in dem bis Ende 1944 hunderttausende sowjetische Kriegsgefangene waren. Viele Gefangene kamen geschwächt und krank in Dortmund an. Für die Erhaltung und Wiederherstellung ihrer Gesundheit wurde nichts getan. Wie viele Todesfälle es im Jahr 1941 gab, wissen wir nicht. Bis zum Jahresende 1941 sind offiziell 50 Sterbefälle von sowjetischen Kriegsgefangenen aus dem Stalag VI D in das Sterbebuch eingetragen. Nikolaj Nowikov war einer von ihnen.

Die Erinnerung an Nikolaj Nowikow soll auch eine Mahnung sein, dass es bis heute keine persönliche Erinnerung für die sowjetischen Kriegsopfer auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg gibt.

Erinnerung an den Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion
am 22. Juni 1941

E I N L A D U N G

Erinnern, Gedenken und Mahnen
Dienstag, 22. Juni 2021
um 17 Uhr an der Westfalenhalle in Dortmund

Treffen am  Gedenkstein in Erinnerung an den Überfall der Deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion
am 22. Juni 1941 und an die Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, die nach Deutschland zur Zwangs-arbeit verschleppt wurden.

Der Gedenkstein befindet sich am Zugang zum Messezentrum an der Westfalenhalle Eingang Nord (an der Fußgängerbrücke) 

GEGEN DAS VERGESSEN

Wir erinnern und gedenken der vielen tausend Kriegsgefangenen, vorwiegend aus der Sowjetunion, aus Polen, Belgien, Frankreich, Jugoslawien und Italien, die im STALAG VI/D-Kriegsgefangenen-lager Westfalenhalle interniert waren. Viele von ihnen starben in-folge von Willkürakten, Krankheit, Unterernährung und bei Bom-benangriffen, denen sie schutzlos ausgeliefert waren.

Veranstalter

Förderverein Gedenkstätte Steinwache- Internationales Rombergpark-Komitee e.V.
VVN-BdA
Dortmunder Friedensforum
Historischer Verein Ar.kod.M e.V                            

Ar.kod.M berichtet mit der Broschüre „Schatten der Vergangenheit“ über Recherchen in NRW

Der Historische Verein Ar.kod.M recherchiert seit vielen Jahren zum Schicksal sowjetischer Kriegsgefangener und Zivilarbeiter*innen in Westfalen und im Rheinland. In der Broschüre „Schatten der Vergangenheit“ berichten die Autor*innen über ihre Arbeit und über ihre Erfahrungen in nordrhein-westfälischen Gemeinden. Durch umfangreiche Recherchen konnten eine sehr große Anzahl von Namen bisher namenloser sowjetischer Kriegsopfer ausfindig gemacht werden. Den Verstorbenen wurde so ihre Identität zurückgeben.

In diesem Jahr ist es 80 Jahre her, dass Nazideutschland die Sowjetunion überfiel und einen Vernichtungskrieg gegen sie führte. Dieser Vernichtungskrieg wurde nicht nur im Osten geführt, sondern er setzte sich im Deutschen Reich fort. Viele sowjetische Bürger*innen kamen ins Ruhrgebiet, nach Westfalen und ins Rheinland und mussten auf Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit leisten. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen ebenso wie die rassistische Verfolgung gehörten zum menschenverachtenden Programm der Nazis. Viele sowjetische Bürger*innen, insbesondere sowjetische Kriegsgefangene, wurden ums Leben gebracht. Die einheimische Bevölkerung hat mit ihnen gelebt und gearbeitet, das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen konnte nicht verborgen bleiben. In NRW gibt es kaum eine Gemeinde, auf deren Friedhöfen sich nicht auch Gräber von sowjetischen Bürger*innen befinden. Oft wurden die Menschen anonym begraben, vielfach gibt es bis heute keine persönliche Erinnerung an sie. Dem Wegsehen folgte so das Vergessen.In diesem Jahr ist es 80 Jahre her, dass Nazideutschland die Sowjetunion überfiel und einen Vernichtungskrieg gegen sie führte. Dieser Vernichtungskrieg wurde nicht nur im Osten geführt, sondern er setzte sich im Deutschen Reich fort. Viele sowjetische Bürger*innen kamen ins Ruhrgebiet, nach Westfalen und ins Rheinland und mussten auf Zechen, in Stahlwerken und Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit leisten. Die unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen ebenso wie die rassistische Verfolgung gehörten zum menschenverachtenden Programm der Nazis. Viele sowjetische Bürger*innen, insbesondere sowjetische Kriegsgefangene, wurden ums Leben gebracht. Die einheimische Bevölkerung hat mit ihnen gelebt und gearbeitet, das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen konnte nicht verborgen bleiben. In NRW gibt es kaum eine Gemeinde, auf deren Friedhöfen sich nicht auch Gräber von sowjetischen Bürger*innen befinden. Oft wurden die Menschen anonym begraben, vielfach gibt es bis heute keine persönliche Erinnerung an sie. Dem Wegsehen folgte so das Vergessen.

Die Autor*innen berichten über ihre Erfahrungen in nordrhein-westfälischen Gemeinden und über ihre Recherchen, sie zeigen zudem auf, dass in NRW jede Kommune nach eigenen Vorstellung mit den Gräbern verfährt und es bisher keine landesweite systematische Erfassung von Gräbern sowjetischer Kriegsopfer gibt.

Bestellung der Broschüre bei ar.kod.m.ev@gmx.de
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