Erinnerungsorte in Remscheid

Während des Krieges herrschte Arbeitskräftemangel, deshalb wurden hunderttausende Kriegsgefangene nach Deutschland gebracht. Viele Kriegsgefangene kamen ins Rheinland und nach Westfalen zum Arbeitseinsatz. Der Weg in den Westen des Deutschen Reichs dauerte oft tage- und wochenlang. Nicht nur große Betriebe, sondern auch private Haushalte, landwirtschaftliche Betriebe und Handwerksbetriebe konnten Arbeitskräfte bekommen. Die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Lagern und Arbeitskommandos waren so hart, dass viele Kriegsgefangene krank wurden und starben.

Wahrscheinlich gibt es nur wenige Gemeinden in Westdeutschland, auf deren Friedhöfen keine Gräber von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen zu finden sind. Eine Ausnahme sind heute nur die Gemeinden, die sich für Umbettungen entschieden haben. In den Kreisen Iserlohn und Paderborn beispielsweise nahm man Umbettung von kommunalen sowie von evangelischen und katholischen Friedhöfen auf Sammelgrabstätten in Hemer bzw. Stukenbrock vor. In den meisten anderen Orten in Nordrhein-Westfalen gibt es Grabstätten von Kriegsgefangenen und ZwangsarbeiterInnen. Es sind tausende Gräber und die Papiere über die Grabstätten befinden sich heute in vielen öffentlichen Stellen, in Verwaltungen und kommunalen Betrieben.

Über deutsche und ausländische Kriegstote in Remscheid und Umgebung liegen bei der dortigen Friedhofsverwaltung zahlreiche Dokumente. „Tausende Namen auf ca. 200 Seiten“ erklärte der zuständige Sachbearbeiter. Eine Tabelle zeigt, wer an welchem Ort begraben ist. Für sowjetische Bürgerinnen und Bürger sind vier Friedhöfe angegeben. Zwei Friedhöfe in Bliedinghausen, einer in Papenberg und einer in Lennep. In Papenberg gibt es 10 Gräber aus dem 1. Weltkrieg und zwei aus dem 2. Weltkrieg. In der Namensliste steht neben einer verstorbenen Zwangsarbeiterin auch ihr Kind.

Auf den beiden Friedhöfen in Bliedinghausen sind, nur 150 Meter voneinander entfernt, zwei Gräberfelder. Auf dem evangelischen Friedhof wurden ca. 520 Bombenopfer beerdigt, darunter 13 russische Zwangsarbeiterinnen namentlich und 24 für die „nicht anerkannte Nationalität“ abgegeben ist. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um Ostarbeiterinnen, die nicht identifiziert wurden. Dennoch hatten sie das Glück, auf dem Gräberfeld für Bombenopfer beigesetzt zu werden und ein eigenes Grab mit einem Kreuz zu erhalten.

Nur wenige Meter weiter, auf dem kommunalen Friedhof ist am Rande des Friedhofs eine mit Birken bestandenen Grünfläche und versteckt zwischen Büschen ein Stein mit der Inschrift „Hier ruhen 187 Frauen und Männer aus der Sowjetunion“ Die Namensliste enthielt 185 Namen. Warum also 187, wo liegt der Fehler? Nach intensiver Suche konnten, wenige Wochen später, die Personalkarten 1 für zwei weitere sowjetische Kriegsgefangene aufgefunden werden, die in Remscheid verstorben sind. Auf der Namensliste fehlten also 2 Namen. Über die Ergebnisse dieser Nachforschungen wurden das Grünflächenamt der Stadt Remscheid informiert.

Auf der Internetseite des Deutsch-Russischen Museums in Berlin-Karlshorst gibt es die Information darüber, dass in Lennep noch ein weiterer Friedhof sein soll, auf dem „sowjetische“ Gräber sind. Am Rande des Friedhofs in Lennep ist tatsächlich ein Feld für „Ausländer“. Auf einem Kreuz lautet die Inschrift „Nina Alekseew – 25.12.1943 und Wladislaus Buda- 27.12.1943“ . Die Namen klingen „russisch“. In den Papieren der Behörden in Remscheid waren sie aber als „Nina, Alekseew 7 Jahre, 26.12.1943, Polin“, „Wladeslaus, Buda 44 Jahre, 21.07.1943, Pole“ eingetragen. Woher kommen die unterschiedlichen Sterbedaten? Für die deutschen Behörden sind die Einträge der Sterbedaten und der Nationalität aus den Namenslisten, die in der Nachkriegszeit aufgestellt wurden, die einzigen anerkannten Informationen. Für die 7-jährige Nina Alekseewa weitere Dokumente zu finden ist sehr schwierig, weil es für Kinder keine eigenen Papiere gibt. Vielleicht wird irgendwann ein Dokument gefunden, in dem Familienangehörige nach der „kleinen Nina, die Tochter einer überlebenden Zwangsarbeiterin“ suchen. Für Wladislaus Buda gibt es in der Datenbank OBD-Memorial eine Personalkarte 1. Ein Kriegsgefangener, „Buda, Wladislaw Antonowitsch, Mitte 40, Pole, registriert im Stalag X D, Wietzedorf in Niedersachsen) Vater – Anton, Mutter – Petrowskaja“. Als Familienangehörige hatte er eine Frau, die bei Kraków oder in Ljwow lebte, genannt. Er war schon am 6. Juli 1941 in Kriegsgefangenschaft geraten.
Aufgrund einer fehlerhaften Eintragung bei OBD-Memorial, wird dort angegeben, dass Buda am 24. Januar 1942 in Kaisersteinbruch in Österreich gestorben ist. Auf der Karte ist jedoch eingetragen, dass er am 12. Februar 1942 das „vierteilige Medikamente A 562 genommen hat“ Höchstwahrscheinlich wurde an ihm ein medizinisches Experiment durchgeführt. Die Personalkarte 1 hat in der Ecke, oben-rechts, ein „schwarzes Kreuz“, das bedeutet „verstorben“. Wann und wo er tatsächlich verstorben ist bleibt unklar.