Nachdem 2. Weltkrieg wurden oft Denkmäler von denen errichtet, die Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung überleben hatten. Sie wollen damit an die erinnern, die diese Qualen nicht überlebt hatten und Opfer des Krieges und der Naziherrschaft wurden. Diese Erinnerung war nach dem Krieg nicht gefragt. Die Denkmäler entsprachen nicht den Vorstellungen derer, die Erinnerungsarbeit im Westen Deutschlands gestaltet haben und dabei große Opfergruppen nicht nannten.
Die Denkmäler in Stukenbrock
Im Mai 1945, nach der Befreiung des Stalag VI K in Stukenbrock, stellte die Lagerkommandatur, die aus ehemaligen Gefangenen des Lagers bestand, eigene Untersuchung über die im Lager begangenen Verbrechen an. Nach den Erinnerungen der Gefangenen wurde die Stelle auf dem nahegelegenen katholischen Friedhof gefunden, an der 41 sowjetische Offiziere beerdigt waren, die im Jahr 1941 Widerstand leisten und erschossen wurden. Gleich nach der Befreiung des Lagers wurde von den Gefangenen, ein kleines Denkmal an diesem Ort errichtet. Als das Fundament gelegt wurde, fand man Munitionsreste und Knöpfe mit Sowjetstern. Das Hauptdenkmal auf dem Lagerfriedhof und das kleine Denkmal trugen das gleiche Motiv, ein Helm und ein Gewehr. Das war ein Symbol für die Einheit der beiden Denkmäler. Bis zum Tag ihrer Abreise in die Heimat hielten ehemalige Kriegsgefangene verschiedener Nationen Ehrenwache auch vor dem kleinen Denkmal. Was mit den beiden Denkmälern in Stukenbrock von 1945 bis in die 1960ziger Jahre geschah ist uns nicht bekannt.
1963 wurde der Abriss des großem Obelisk auf dem ehemaligen Lagerfriedhof beschlossen. Man hielt das Denkmal für unangemessen, die Trauer über den Tod so vieler Menschen zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen sollte ein Denkmal mit einer „weinenden Mutter“ errichtet werden. Diese Pläne wurden von der sowjetischen Seite abgelehnt. Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof blieb erhalten. Das kleine Denkmal auf dem katholischen Friedhof wurde, wie Zeitzeugen berichten, 1963 gesprengt. Egal wie unglaubwürdige eine Sprengung auf einem Friedhof klingt, einer Zerstörung des kleinen Denkmals hat niemand im Kreis Paderborn widersprochen. Grund für seine Beseitigung war, dass auf dem Friedhof Platz geschaffen werden sollte für die Beerdigung von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die in der Nachkriegszeit in den Baracken des ehemaligen Lagers lebten. Das Lager diente jedoch nur bis 1958 als Unterkunft für Vertriebene.
Was aber geschah mit den Gebeinen der 41 sowjetischen Offiziere? Es gibt Hinweise auf die Exhumierung von 20 Gebeinen und eine provisorische Umbettung auf einen evangelischen Friedhof in Paderborn. Die Gebeine scheinen jedoch verschollen zu sein. Heute sind 31 Namen bekannt, aber nur 15 Namen sind symbolisch auf den neuen Stelen auf Lagerfriedhof, der auch Russischer Friedhof genannt wird, aufgenommen. Unserer Meinung nach sind archäologische Ausgrabungen und weitere Forschungen in regionalen Archiven nötig, um den Verbleib der Gebeine und ihre angebliche Umbettung aufzuklären.
Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof wurde umgebaut. Die Rote Fahne auf der Spitze des Denkmals verschwand und wurde durch ein orthodoxes Kreuz ersetzt. Die Beschwerden von Aktivist*innen haben in Jahren 2000 dazu geführt, dass die damalige, SPD-geführte Landesregierung den ursprünglichen Zustand wieder herstellen wollte. Die Rote Fahne sollte wieder auf der Spitze angebracht werden. Dieser Beschluss wurde nie umgesetzt.
Das Denkmal in Dortmund
Genau wie in Stukenbrock hatten, nach ihrer Befreiung, Kriegsgefangenen in Dortmund ein Denkmal für ihre im Stalag VI D an der Westfalenhalle ums Leben gekommenen Kameraden erbaut. Nach einem Entwurf vom H.J. Krause aus Herne errichteten sie ein 10 Meter hohes Denkmal, das im November 1946 eingeweiht wurde. Die Erbauer wählten für dieses Denkmal einen herausgehobenen Platz am Haupteingang des Hauptfriedhofs. Auch an diesem Denkmal, das Eigentum der Sowjetunion bzw. ihres Rechtsnachfolgers ist, hielten zum Ende 1946 ehemaligen Kriegsgefangenen eine Ehrenwache. Als Anfang der 1960ziger Jahre die Verbreiterung der B 1 geplant wurde, soll eine Firma, die am Hauptfriedhof ansässig ist, Grundstücke, die sich in ihrem Besitz befanden und die für die Verbreiterung gebraucht wurden, beigesteuert haben. Im Gegenzug soll sie Grundstücke am Haupteingang des Hauptfriedhof erhalten haben. Auf einem dieser Grundstücke befand sich zu dieser Zeit das Denkmal zur Erinnerung an die verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen. Im Jahr 1963 wurde das Denkmal von seinem Platz am Eingang des Hauptfriedhofs entfernt und eingelagert. 1965 errichtet man es auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg, der auch als Ausländerfriedhof bekannt ist. Die Presse berichtete damals, dass dies „mit Zustimmung den sowjetischen Seite“ geschah. Unsere Anfrage beim Außenministerium und bei der Botschaft der Russischen Föderation haben jedoch ergeben, dass kein einziges Dokument vorliegt, in dem die Zustimmung erteilt wurde.
Wenn auch der neue Platz des Denkmals auf dem Internationalen Friedhof, bei den Gräbern derer, an die es erinnern soll, nach unserer Auffassung angemessen ist, so stellen sich doch einige Fragen zum Ablauf der Umsetzung. Am ursprünglichen, herausgehobenen Platz des Denkmals befinden sich heute Betriebe, die Grabsteine oder Blumen anbieten, und ein Parkplatz.
Das Denkmal in Hamm
Im April 1944 ereignete sich auf der Zeche Sachsen in Hamm-Heessen ein Grubenunglück mit vielen Todesopfern. Insgesamt verunglückten 169 Bergleute, darunter 68 Deutschen und 101 sowjetische Kriegsgefangene. Viele der Verunglückten blieben unter Tage. Für die sowjetischen Opfer wurde nach der Befreiung 1945 ein Obelisk mit ihren Namen auf dem Zechengelände errichtet. Bis Mitte der 1980ziger Jahre stand dieses Denkmal dort. Danach wurde es entfernt. Wer die Entscheidung traf und warum die Stadt Hamm erst im Nachhinein benachrichtigt wurde, ist uns nicht bekannt. Die Platten mit den Namen wurden abgebaut und der Kern zerstört. Nach Informationen aus der Hammer Stadtarchiv sind die Platten wohl für immer verloren. Unsere Nachforschungen haben jedoch gezeigt, dass noch Originaldokumente über das Grubenunglück vorhanden sind, darunter auch eine Namensliste der sowjetische Opfer.
Auf dem Dasbecker Friedhof in Hamm Heessen steht ein Gedenkstein, der an das Bergwerksunglück vom 3. April 1944 erinnert. Es trägt die Inschrift „Für unsere Kameraden und die russischen Kriegsgefangenen“. Daneben steht eine Tafel mit den Namen der deutschen Opfer. Die Informationen aus dem Hammer Stadtarchiv würden die Schaffung einer Erinnerungstafel mit den Namen der ausländischen Bergleute auf dem Dasbecker Friedhof erlauben. Die Stadt Hamm hat für ein solches Vorhaben inzwischen Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Das Denkmal in Hemer auf dem Friedhof „Dulo“
Das Stalag VI A in Hemer war das drittgrößte Kriegsgefangenenlager in der Region. Die Stadt Hemer hat zwei Friedhöfe, auf denen Kriegsgefangenen, die im Lager umgekommen sind, begraben wurden. Der größte ist der Friedhof am „Dulo“. Auch hier steht, wie in Dortmund und Stukenbrock, ein Denkmal, das nach den gleichen Muster von Kriegsgefangenen nach ihrer Befreiung 1945 erbaut wurde. Das Denkmal befindet sich am höchsten Punkt der Stadt und die Spitze des Denkmals ziert ein Sowjetstern.
In den 1960ziger Jahren sollte dieser Stern vom Denkmal verschwinden. Es könne nicht sein, dass ein Sowjetstern die Stadt dominiert, beklagten einige Stadtobere. Der damalige Bürgermeister teilte jedoch mit, dass für den Umbau des Denkmals 56 000 D-Mark gebraucht würden. Käme die Summe durch die Einwohner zusammen, würde der Stern abgebaut, ansonsten sei die Sache erledigt.
Das Grabmal auf dem Friedhof in Dortmund Husen
Unsere Recherchen haben gezeigt, dass nicht nur größere Denkmäler betroffen sind, sondern auch Grabmale auf Einzel- oder Gruppengräber sind nicht sicher vor Zerstörung. Auf dem Friedhof in Dortmund Husen wurde vor wenigen Jahren ein Grabmal mit einem Sowjetstern, das an 2 sowjetische Kriegsopfer erinnerte, entfernt.
Angeblich war das Grabmal nicht mehr sicher. Nach Protesten wurde unter Beteiligung der russischen Botschaft und mit Zustimmung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zwei Kreuze mit den Namen der Verstorbenen errichtet.
Das Geschehen seit dem Bau der Denkmäler und Grabstätten in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg, ihre Pflege und Erhaltung in der Nachkriegszeit bis heute zeigt in vielerlei Hinsicht die Haltung von Politik und Verwaltung gegenüber diesen Baudenkmälern.
Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass an die Menschen, die durch Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung ums Leben gebracht wurden, in ihrem Sinne erinnert wird.