Selbst Beton hält nicht gegen das Vergessen
– der Krieg gegen Denkmäler

Nachdem 2. Weltkrieg wurden oft Denkmäler von denen errichtet, die Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung überleben hatten. Sie wollen damit an die erinnern, die diese Qualen nicht überlebt hatten und Opfer des Krieges und der Naziherrschaft wurden. Diese Erinnerung war nach dem Krieg nicht gefragt. Die Denkmäler entsprachen nicht den Vorstellungen derer, die Erinnerungsarbeit im Westen Deutschlands gestaltet haben und dabei große Opfergruppen nicht nannten.

Die Denkmäler in Stukenbrock

Im Mai 1945, nach der Befreiung des Stalag VI K in Stukenbrock, stellte die Lagerkommandatur, die aus ehemaligen Gefangenen des Lagers bestand, eigene Untersuchung über die im Lager begangenen Verbrechen an. Nach den Erinnerungen der Gefangenen wurde die Stelle auf dem nahegelegenen katholischen Friedhof gefunden, an der 41 sowjetische Offiziere beerdigt waren, die im Jahr 1941 Widerstand leisten und erschossen wurden. Gleich nach der Befreiung des Lagers wurde von den Gefangenen, ein kleines Denkmal an diesem Ort errichtet. Als das Fundament gelegt wurde, fand man Munitionsreste und Knöpfe mit Sowjetstern. Das Hauptdenkmal auf dem Lagerfriedhof und das kleine Denkmal trugen das gleiche Motiv, ein Helm und ein Gewehr. Das war ein Symbol für die Einheit der beiden Denkmäler. Bis zum Tag ihrer Abreise in die Heimat hielten ehemalige Kriegsgefangene verschiedener Nationen Ehrenwache auch vor dem kleinen Denkmal. Was mit den beiden Denkmälern in Stukenbrock von 1945 bis in die 1960ziger Jahre geschah ist uns nicht bekannt.

Quelle: Broschüre „Stalag 326 Stukenbrock“

1963 wurde der Abriss des großem Obelisk auf dem ehemaligen Lagerfriedhof beschlossen. Man hielt das Denkmal für unangemessen, die Trauer über den Tod so vieler Menschen zum Ausdruck zu bringen. Stattdessen sollte ein Denkmal mit einer „weinenden Mutter“ errichtet werden. Diese Pläne wurden von der sowjetischen Seite abgelehnt. Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof blieb erhalten. Das kleine Denkmal auf dem katholischen Friedhof wurde, wie Zeitzeugen berichten, 1963 gesprengt. Egal wie unglaubwürdige eine Sprengung auf einem Friedhof klingt, einer Zerstörung des kleinen Denkmals hat niemand im Kreis Paderborn widersprochen. Grund für seine Beseitigung war, dass auf dem Friedhof Platz geschaffen werden sollte für die Beerdigung von Vertriebenen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die in der Nachkriegszeit in den Baracken des ehemaligen Lagers lebten. Das Lager diente jedoch nur bis 1958 als Unterkunft für Vertriebene.
Was aber geschah mit den Gebeinen der 41 sowjetischen Offiziere? Es gibt Hinweise auf die Exhumierung von 20 Gebeinen und eine provisorische Umbettung auf einen evangelischen Friedhof in Paderborn. Die Gebeine scheinen jedoch verschollen zu sein. Heute sind 31 Namen bekannt, aber nur 15 Namen sind symbolisch auf den neuen Stelen auf Lagerfriedhof, der auch Russischer Friedhof genannt wird, aufgenommen. Unserer Meinung nach sind archäologische Ausgrabungen und weitere Forschungen in regionalen Archiven nötig, um den Verbleib der Gebeine und ihre angebliche Umbettung aufzuklären.

Quelle: Broschüre „Stalag 326 Stukenbrock“

Der Obelisk auf dem Lagerfriedhof wurde umgebaut. Die Rote Fahne auf der Spitze des Denkmals verschwand und wurde durch ein orthodoxes Kreuz ersetzt. Die Beschwerden von Aktivist*innen haben in Jahren 2000 dazu geführt, dass die damalige, SPD-geführte Landesregierung den ursprünglichen Zustand wieder herstellen wollte. Die Rote Fahne sollte wieder auf der Spitze angebracht werden. Dieser Beschluss wurde nie umgesetzt.

Das Denkmal in Dortmund

Genau wie in Stukenbrock hatten, nach ihrer Befreiung, Kriegsgefangenen in Dortmund ein Denkmal für ihre im Stalag VI D an der Westfalenhalle ums Leben gekommenen Kameraden erbaut. Nach einem Entwurf vom H.J. Krause aus Herne errichteten sie ein 10 Meter hohes Denkmal, das im November 1946 eingeweiht wurde. Die Erbauer wählten für dieses Denkmal einen herausgehobenen Platz am Haupteingang des Hauptfriedhofs. Auch an diesem Denkmal, das Eigentum der Sowjetunion bzw. ihres Rechtsnachfolgers ist, hielten zum Ende 1946 ehemaligen Kriegsgefangenen eine Ehrenwache. Als Anfang der 1960ziger Jahre die Verbreiterung der B 1 geplant wurde, soll eine Firma, die am Hauptfriedhof ansässig ist, Grundstücke, die sich in ihrem Besitz befanden und die für die Verbreiterung gebraucht wurden, beigesteuert haben. Im Gegenzug soll sie Grundstücke am Haupteingang des Hauptfriedhof erhalten haben. Auf einem dieser Grundstücke befand sich zu dieser Zeit das Denkmal zur Erinnerung an die verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen. Im Jahr 1963 wurde das Denkmal von seinem Platz am Eingang des Hauptfriedhofs entfernt und eingelagert. 1965 errichtet man es auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg, der auch als Ausländerfriedhof bekannt ist. Die Presse berichtete damals, dass dies „mit Zustimmung den sowjetischen Seite“ geschah. Unsere Anfrage beim Außenministerium und bei der Botschaft der Russischen Föderation haben jedoch ergeben, dass kein einziges Dokument vorliegt, in dem die Zustimmung erteilt wurde.

Wenn auch der neue Platz des Denkmals auf dem Internationalen Friedhof, bei den Gräbern derer, an die es erinnern soll, nach unserer Auffassung angemessen ist, so stellen sich doch einige Fragen zum Ablauf der Umsetzung. Am ursprünglichen, herausgehobenen Platz des Denkmals befinden sich heute Betriebe, die Grabsteine oder Blumen anbieten, und ein Parkplatz.

Das Denkmal in Hamm

Im April 1944 ereignete sich auf der Zeche Sachsen in Hamm-Heessen ein Grubenunglück mit vielen Todesopfern. Insgesamt verunglückten 169 Bergleute, darunter 68 Deutschen und 101 sowjetische Kriegsgefangene. Viele der Verunglückten blieben unter Tage. Für die sowjetischen Opfer wurde nach der Befreiung 1945 ein Obelisk mit ihren Namen auf dem Zechengelände errichtet. Bis Mitte der 1980ziger Jahre stand dieses Denkmal dort. Danach wurde es entfernt. Wer die Entscheidung traf und warum die Stadt Hamm erst im Nachhinein benachrichtigt wurde, ist uns nicht bekannt. Die Platten mit den Namen wurden abgebaut und der Kern zerstört. Nach Informationen aus der Hammer Stadtarchiv sind die Platten wohl für immer verloren. Unsere Nachforschungen haben jedoch gezeigt, dass noch Originaldokumente über das Grubenunglück vorhanden sind, darunter auch eine Namensliste der sowjetische Opfer.

Quelle: BBA 54/851

Auf dem Dasbecker Friedhof in Hamm Heessen steht ein Gedenkstein, der an das Bergwerksunglück vom 3. April 1944 erinnert. Es trägt die Inschrift „Für unsere Kameraden und die russischen Kriegsgefangenen“. Daneben steht eine Tafel mit den Namen der deutschen Opfer. Die Informationen aus dem Hammer Stadtarchiv würden die Schaffung einer Erinnerungstafel mit den Namen der ausländischen Bergleute auf dem Dasbecker Friedhof erlauben. Die Stadt Hamm hat für ein solches Vorhaben inzwischen Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Das Denkmal in Hemer auf dem Friedhof „Dulo“

Das Stalag VI A in Hemer war das drittgrößte Kriegsgefangenenlager in der Region. Die Stadt Hemer hat zwei Friedhöfe, auf denen Kriegsgefangenen, die im Lager umgekommen sind, begraben wurden. Der größte ist der Friedhof am „Dulo“. Auch hier steht, wie in Dortmund und Stukenbrock, ein Denkmal, das nach den gleichen Muster von Kriegsgefangenen nach ihrer Befreiung 1945 erbaut wurde. Das Denkmal befindet sich am höchsten Punkt der Stadt und die Spitze des Denkmals ziert ein Sowjetstern.

In den 1960ziger Jahren sollte dieser Stern vom Denkmal verschwinden. Es könne nicht sein, dass ein Sowjetstern die Stadt dominiert, beklagten einige Stadtobere. Der damalige Bürgermeister teilte jedoch mit, dass für den Umbau des Denkmals 56 000 D-Mark gebraucht würden. Käme die Summe durch die Einwohner zusammen, würde der Stern abgebaut, ansonsten sei die Sache erledigt.

Das Grabmal auf dem Friedhof in Dortmund Husen

Unsere Recherchen haben gezeigt, dass nicht nur größere Denkmäler betroffen sind, sondern auch Grabmale auf Einzel- oder Gruppengräber sind nicht sicher vor Zerstörung. Auf dem Friedhof in Dortmund Husen wurde vor wenigen Jahren ein Grabmal mit einem Sowjetstern, das an 2 sowjetische Kriegsopfer erinnerte, entfernt.

Angeblich war das Grabmal nicht mehr sicher. Nach Protesten wurde unter Beteiligung der russischen Botschaft und mit Zustimmung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge zwei Kreuze mit den Namen der Verstorbenen errichtet.

Das Geschehen seit dem Bau der Denkmäler und Grabstätten in den ersten Jahren nach dem 2. Weltkrieg, ihre Pflege und Erhaltung in der Nachkriegszeit bis heute zeigt in vielerlei Hinsicht die Haltung von Politik und Verwaltung gegenüber diesen Baudenkmälern.

Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass an die Menschen, die durch Zwangsarbeit, Hunger, Entbehrungen und rassistische Verfolgung ums Leben gebracht wurden, in ihrem Sinne erinnert wird.

Ein Hund läuft über eine grüne Wiese – Gedenken in Dortmund

Ein Hund läuft über eine grüne Wiese, neben ihm der stolzer Besitzer des Vierbeiners. Die Wiese ist groß und beide haben viel Spaß. Der Hund hat keinen Verstand und sieht in dem Ganzen ein Spiel auf dem Hundeplatz. Das Spiel kennt er, nur heute fehlt die Absperrung und der Spielplatz ist viel größer. Er bemerkt die Begeisterung von Herrchen und Frauchen, er macht Alles richtig. Normalerweise wäre das ein herrliches Bild, aber das ausgelassene Spiel geschieht auf den Gräberfeldern des Internationalem Friedhof Dortmund.

Die Gräberfelder auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg sind schon lange ein beliebter Platz zum Gassi gehen und eine Spielwiese für Hunde. Nicht nur den Hunden, sondern auch ihren Besitzer*innen ist wahrscheinlich unbekannt, dass unter der große Rasenfläche tausende ausländische Kriegsopfer liegen, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten.

Gräberfeld sowjetischer Kriegsopfer auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg mit Hund und Herr

Nichts weist mehr auf die Tragik des Ortes hin, außer einem kleinen Schild am Eingang. Selbst das sowjetischen Mahnmal, das in den 1960ziger hierher umgesetzt wurde und die Hauptallee krönt, gibt keine Auskunft darüber, dass hier tausende Menschen begraben sind. Ein ganz anderes Bild zeigt sich auf dem Hauptfriedhof, wo die deutschen Kriegsopfer bestattet wurden. Tausende personalisierte Kreuze für nicht nur Bombenopfer, sondern auch für Soldaten der Wehrmacht, SS-Leute, Polizisten und Volkssturmleute kann man dort finden.

Gräber deutscher Kriegsopfer auf dem Hauptfriedhof in Dortmund

Wer hat über das Aussehen des Internationalen Friedhofs am Rennweg entschieden?

Während des Zweiten Weltkrieges ist hier eine unbekannte Zahl von Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, die an durch Hunger, Krankheit und unmenschlichen Arbeitsbedingungen ums Leben gebracht wurden, beerdigt worden. Damals erhielten die Gräber der Zivilarbeiter*innen „weiße Kreuze“ und auf den Gräbern der Kriegsgefangenen waren Blechschilder. In den 1960ziger Jahren hat die Stadt Dortmund den Internationalen Friedhof neugestaltet. Das sowjetische Mahnmal wurde vom Haupteingang des Hauptfriedhof am Gottesacker auf den Internationalen Friedhof umgesetzt und die Gräber der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen auf dem Internationalen Friedhof wurden vom Friedhofsamt der Stadt Dortmund eingeebnet. Es entstanden Rasenflächen, die leicht zu pflegen sind. Nach unserer Kenntnis wurde für diese Veränderungen die Zustimmung der Sowjetunion, die Eigentümerin des Mahnmals war und deren Staatsangehörige in den eingeebneten Kriegsgräbern begraben sind, nicht bei der sowjetischen Botschaft eingeholt.

Auf dem Internationalen Friedhof gibt es weder einen separaten Zaun noch ein Tor, die die Gräber schützten, wie in auf den Friedhöfen in Stukenbrock oder Hemer, wo ebenfalls tausende sowjetische Kriegsgefangene begraben sind. In der Nachkriegszeit erinnerten sich viele Dortmunder*innen noch an diesen Friedhof.
Heute erhält der Friedhof wenig Beachtung. Es gibt nur noch wenige Zeitzeuge, die sich an ihn erinnern und viele jüngere Dortmunder*innen wissen oft nichts über den Internationalen Friedhof. Sie wissen nicht, dass es sich bei den Rasenflächen um Gräberfelder handelt, die bis an die Zäune reichen. Selbst die Mitarbeiter*innen den Friedhofsverwaltung denken nicht daran, dass auch unter den neu angelegten Wegen Grabstätten sind.

Nur so kann man erklären, dass die Gräber auf dem Internationalen Friedhof zum Hundespielplatz wurde. Sicherlich ist es kein fehlender Respekt der Hundebesitzer*innen, sondern Unkenntnis über die Tragik des Ortes. Die Stadt Dortmund plant seit mehr als 6 Jahren die Umgestaltung der Gräberfelder und die Aufstellung von 58 Stellen mit Namen der hier begrabenen sowjetischen Kriegsopfern. Bis heute aber ist das Projekt nicht umgesetzt. Nur selten, z.B. am Volkstrauertag gibt es ein Gedenken und es werden Kränze oder Blumen dort niedergelegt. Es wundert also nicht, dass Hunde ungestört ihr „Geschäft“ dort verrichten und mit „Herrchen“ oder „Frauchen“ auf den Rasenflächen herumtollen.

Bestandsaufnahme auf Dortmunder Friedhöfen

In der Zeit von 1945 bis 1951 forderte die Britische Kommission Informationen über Kriegsopfer aller Nationalitäten, so auch in Dortmund. Die Namenslisten wurden mit Hilfe deutscher Beamten angefertigt. Fraglich ist jedoch, ob diese Listen tatsächlich vollständig waren.

Die Stadt Dortmund spricht heute von 5095 sowjetischen Kriegsopfern, die auf Dortmunder Friedhöfen begraben sind.


Sowjetische Kriegsopfer auf dem Ausländerfriedhof (Internationale Friedhof am Rennweg)

Das Garten und Friedhofsamt meldete im Juli 1945 auf Anfrage der Alliierten 5326 russische Staatsangehörige, die in Dortmund begraben sind, 3642 Kriegsgefangene, 1684 Zivilarbeiter*innen

Anlässlich der Eröffnung des Denkmals am Hauptfriedhof, im November 1946, sandten die sowjetischen Militärbehörden eine Anfrage an die britischen Militärbehörden zur Genehmigung der Teilnahme von sowjetischen Journalisten und eines Kamerateam an der Eröffnungsfeier. In dem Schreiben heißt es:
„Offiziell sind auf dem Friedhof 17.000 sowjetische Bürger und Bürgerinnen begraben. Auf der Liste britischen Militärbehörden stehen 4985, davon 4736 Männer, 132 Frauen, 117 Kinder“

Im Jahr 1948 meldete das Garten und Friedhofamt Dortmund dem Regierungspräsidenten in Arnsberg folgende Zahlen:  

621 Kriegsgefangene
1134 Zivilarbeiter*innen
3230 Kriegsgefangene ohne Namen
39 Zivilarbeiter*innen ohne Namen
= 5024 Kriegsopfer
Diese Angaben wurden vom Regierungspräsidenten akzeptiert

Auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg sind auf 11 Gräberfeldern sowjetische Bürger*innen begraben. Auf den Gräberfeldern befinden sich Obelisken mit der jeweiligen Opferzahl. Die Gesamtzahl der Opfer von allen Obelisken beträgt 6738.

Sowjetische Kriegsopfer auf Dortmunder Friedhöfen

Der Internationale Friedhof am Rennweg war aber nicht der einzige Bestattungsort für sowjetische Kriegsopfer. Im Juli 1948 meldete das Garten- und Friedhofsamt Dortmund dem Regierungspräsidenten in Arnsberg neben dem Internationalen Friedhof am Rennweg 16 weitere Friedhöfe in Dortmund mit 78 Gräbern sowjetischer Kriegsopfer.
Bereits 1946 wurden bei der Erfassung der Friedhöfe Skizzen mit der Lage der Gräber von sowjetischen Bürger*innen angefertigt. In der folgenden Zusammenstellung tragen diese Friedhöfe den Vermerk „Skizze“

Inzwischen lassen sich auf insgesamt 28 Friedhöfen in Dortmund Gräber von sowjetischen Kriegsgefangenen und  Zivilarbeiter*innen und deren Kinder nachweisen. Die Gräber auf den meisten Friedhöfen, für die keine Skizzen existieren, sind bei den Meldungen in der Nachkriegszeit nicht in die Gesamtzahl der Kriegsopfer eingegangen.

1. Aplerbeck (keine Skizze)
mindestens 2 Gräber gem. Meldung an die Britische Kommission, die Gräber sind nicht mehr vorhanden

2. Barop (An der Palmweide 104) (keine Skizze)
1 Grab nicht mehr auffindbar

3. Bittermark (keine Skizze)
Meldung an die Britischen Kommission „86 vermutlich Sowjets und 6 Unbekannte“

4. Bodelschwingh (Wachteloh 5) (keine Skizze)
29 Unbekannte, die Gräber sind nicht mehr auffindbar

5. Brambauer (Friedhofstr. 64) (keine Skizze)
Grabkissen 20 mit Namen und 1 Unbekannte/r

6. Brechten (Luerwaldstr 7), (keine Skizze)
2 Gräber nicht mehr auffindbar

7. Derne (Nierstefelderstr. 113) (Skizze)
1974 „11 Unbekannte“, 2014 2 Stelen mit insgesamt 21 Namen

Gräberfeld sowjetischer Kriegsopfer auf dem Friedhof in Derne

8. Eving (Osterfelderstr 120) (keine Skizze)
7 Unbekannte, ein Dokument der Britischen Kommission nennt 7 unbekannte Russen, die Namen konnten inzwischen ermittelt werden

9. Holzen (keine Skizze)
Denkmal für 39 sowjetische Bürger*innen, das Denkmal trägt keine Namen, die Namen von 36 sowjetischen Kriegsopfern sind bekannt

10. Holzwickede (keine Skizze)
1 Grab, das Grab ist nicht mehr auffindbar

11. Hombruch (Am Hombruchsfeld 15) (Skizze)
Kreuze für einen unbekannter sowjetischer Bürger und für einen Verstorbenen unbekannter Nationalität, mehrere Grabkreuze für Ostarbeiter*innen

12. Hörde (Am Oelpfad 50) (keine Skizze)
7 Namen auf 6 Kreuzen, 14 Gräber von verstorbenen sowjetische Bürger*innen aus dem St. Josefs Krankenhaus in Hörde sind nicht mehr auffindbar, möglicherweise umgebettet zur Bittermark

13. Hörde (Am Oelpfad 39) (Skizze)
3 Kreuze für Unbekannte

Gräber auf Friedhof am Oelpfad 39 in Hörde

14. Huckarde (Urbanusstr. 4) (keine Skizze)
2 Kreuze für Unbekannte (Kreuze symbolisch) Gräber sind nicht mehr vorhanden

15. Husen (Kühlkamp 25) (Skizze)
2 Namen, Mahnmal mit 2 Namen wurde 2014 beseitigt und stattdessen wurden 2 neue Kreuze aufgestellt.

Das Grabmal für 2 sowjetische Kriegsopfer auf dem Friedhof in Husen wurde 2014 beseitigt und durch 2 Kreuze ersetzt



16. Kirchlinde (Bockenfekderstr. 7) (keine Skizze)
Meldung an die Britische Kommission 9 unbekannte sowjetische Bürger*innen auf dem Friedhof, 2 Kreuze

17. Kley (Kleybredde 59) (Skizze)
4 Grabkissen mit Namen,

18. Kurl (Kurlerstr. 171) (Skizze)
Historischer Grabstein, 1 sowjetischer Bürgerin
und 1 unbekannter Russe
Durch die Stadt Dortmund nicht als Grabstätte anerkannt

Historischer Grabstein auf dem Friedhof in Kurl

19. Lüdgendortmund (Keplerstr. 20) (Skizze)
Ursprünglich 1 Name und 1 Unbekannte/r, jetzt 3 neue Kreuze mit Namen

20. Lütgendortmund (Provinzialstr. 126) (keine Skizze)
1 Kreuz für eine/n Unbekannte/r

21. Lichtendorf (Ostbergerstr. 16) (keine Skizze)
2 Unbekannte

22. Marten (Martener Hellweg 68) (Skizze)
8 Grabkissen mit Namen und 7 Unbekannte

23. Mengede (Mengeder Schulstr. 1) (Skizze)
5 Grabkissen mit Namen und 2 Unbekannte

24. Scharnhorst (Rybnikstr. 17) (Skizze)
Auf dem ursprünglichen Grab befindet sich heute ein Komposthaufen, Dokumente für eine Umbettung existieren nicht, ein Kreuz mit Namen befindet sich auf dem Gräberfeld für Kriegsopfer sowie ein weiteres Kreuz für 1 eine/n unbekannte/n Ausländer/in

Gräberfeld auf dem Friedhof in Scharnhorst

25. Sölde (Sölderstr 19) (Skizze)
1 Grab mit Kreuz und Namen

26. Syburg (Höhesyburgstr. 93) (keine Skizze)
7 Grabkissen für Unbekannte

27. Westerfilde (Im Odemsloh 165) (keine Skizze)
17 Grabkissen, davon 9 mit Namen und 6 Unbekannte sowie 2 Einzelgräber mit Namen

28. Hauptfriedhof (Rennweg 117a) (Skizze)
4985 offiziell (621+1230= 1851 mit Namen, 3230 Unbekannte)
17 000 aus Akten 1945, heute sind 4473 Namen bekannt, Opferzahl von allen Obelisken beträgt 6738

Wie viele sowjetische Bürger*innen in Dortmund auf dem Ausländerfriedhof oder auf anderen Dortmunder Friedhöfen tatsächlich begraben sind, ist unbekannt, deshalb sollte die Stadt ein Forschungsprojekt ins Leben rufen, das die Zahl der sowjetischen Opfer in Dortmund und die Dokumentenlage in den Archiven untersucht.

Unsere Suchaktion wird fortgesetzt

Zum diesjährigen Gedenken an Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion, am 22 Juni 1941, kamen mehrere Organisationen in Siegburg auf dem Südfriedhof zusammen. Für diese Veranstaltung wird dort jedes Jahr etwas Besonderes geplant, so auch in diesem.

Die Stadt Siegburg hat, wie viele andere Städte auch, mehrere Grabstätten sowjetischer Bürger. Auf dem Südfriedhof gibt es einige Felder mit „russischen“ Gräbern. Wir wurden von einer Partnerorganisation eingeladen gemeinsam den Nachlass eines Siegburgers für weitere Recherchen zu übernehmen. Die Witwe und die Tochter des Verstorbenen, die selbst keine Recherchen anstellen wollten, haben das Archiv im Rahmen der Veranstaltung an Interessierte übergeben.

„Wie so oft, wurde das Gräberfeld von einem unserer Landsleute zufällig entdeckt. Zahlreiche alte Grabsteine befanden sich auf dem Friedhof, die einen verwahrlosten Eindruck machten“, so berichtete die Ehefrau. Aber dieser Zustand und die verwitterte Schrift auf den Grabsteinen war auch hier der Grund für Nachforschungen. Mehrere Jahre hat sich der Familienvater mit der Instandsetzung der Grabsteine und der Suche nach den Namen der Verstorbenen beschäftigt. Selbst als er schon im Rollstuhl saß, hat er die Inschriften auf den Grabsteinen ausgebessert. In Archiven fand er viele Dokumente und er machte einige Familienangehörige der Verstorbenen ausfindig. Trotz vieler Erfolge ist es ihm nicht gelungen alle Informationen zusammenzutragen und die Grabstätte bei der Stadt Siegburg und bei der Botschaft der Russischen Föderation registrieren zu lassen.

Und doch ergab sich ein Gegensatz zwischen dem Charakter der Veranstaltung auf dem Südfriedhof und ihrem traurigen Anlass, dem Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941. Dieser Vernichtungskrieg kostete 27 Millionen sowjetische Bürgerinnen und Bürger das Leben. Mehr als 100 von ihnen liegen in Siegburg auf dem Südfriedhof.

Unter Tränen und mit großer Ergriffenheit übergab die Ehefrau alle Papiere an die eingeladenen Organisationen. Wir versprachen weitere Suchaktionen.

Bei Durchsicht der Dokumente stellten wir fest, dass sich darunter auch einige „weiße Listen“ mit mehreren Anmerkungen aus dem Archiv der Stadt Siegburg befanden. Die „weiße Liste“ ist ein Registrierungspapier für Grabstätten von Kriegsopfern, das in der Nachkriegszeit vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge erstellt wurde.
Die Bearbeitung der Unterlagen zeigte Unerfahrenheit im Umgang mit Dokumenten. Die Liste enthielt für jeden Namen eine sehr wichtige Information, der bisher nicht nachgegangen wurde. Hinter fast allen Namen war eine Erkennungsmarken-Nummer vermerkt. Bei ihrer Registrierung in den Lagern erhielten die Kriegsgefangenen eine Erkennungsmarke mit einer Nummer. Diese Nummer ersetzte für immer alle persönlichen Daten, wie z.B. den Namen. Die Erkennungsmarke musste immer am Körper getragen werden. Über eine solche Nummer kann man in der Datenbank bei OBD-Memorial unmittelbar auf die persönlichen Daten des Verstorbenen zu greifen. Eine weitere wichtige Information fehlte – der Vatername. So haben wir weitere Recherchen angestellt.

Zwar konnte keine vollständige Namensliste mit Korrektur der Namen erstellt werden, aber es war möglich zehn „Unbekannten“ Name zu geben. Jetzt können 110 Kriegsopfer des Zweiten Weltkriegs und 12 Opfer des Ersten Weltkriegs ordentlich registriert werden. Vielleicht wird in Zukunft eine neue Stele mit den vollständigen Namen einen Platz auf diesem Friedhof findet. Dazu wäre aber der politische Wille der russischen und deutschen Seiten erforderlich.

Sehr symbolisch ist, dass sich das Grab des Urhebers der Suche in der Nähe dieses Feld befindet.

Gestorben, eingeäschert … verschwunden

Als in Dortmund die Zahl der Einwohner Mitte der 1930ziger Jahre auf fast 550.000 Einwohner angewachsen war, wurde das Krematorium umgebaut und auf Gas umgestellt. Bis dahin brauchte man zur Einäscherung einer Leiche 41 Kilogramm Kohle, doch in Kriegszeit wurde dieser Brennstoff für anderer Zwecke gebraucht. Von 1939 bis Oktober 1944 hatte Dortmund das modernste Krematorium in Deutschland. Als im Oktober 1944 die Gasleitung beschädigt wurde, setzte man die Einäscherungen aus.

Krematorium Dortmund

In den Papieren des Krematoriums fand die Britische Kommission 1945 eine Namensliste westlicher Kriegsopfer, die eingeäschert wurden. Unter den 97 „von der Gestapo hingerichteten und in Krematorium eingeäscherten“ Kriegsgefangene waren auch zwei Namen vom Juni 1942, die ungewöhnlich klangen. Es handelte sich tatsächlich um Sowjets. Diese Entdeckung führte zu der Frage: Gab es möglicherweise weitere sowjetische Opfer? Kurze Zeit später legte die Dortmunder Stadtverwaltung eine Liste mit genau 100 „russischen Namen“ vor. Diese Menschen wurden in Dortmund „eingeäschert“ und in Wewelsburg „beerdigt“. Im September und Oktober 1942 wurden 98 „Russen“ eingeäschert. Stehen die Namen wohl möglich auch in den Dokumenten der Gestapo? Und wirklich ein Vergleich mit den Akten der Gestapo zeigt, mehrere Namen sind in beiden Listen. In den Gestapoakten findet sich bei den Namen der Vermerk „von der Gestapo abgeholt“ und „aus Gestapohaft entlassen“.
Noch spannender wird es, wenn man Dokumente aus der Datenbank OBD-Memorial zu diesem Fall untersucht. Für 8 eingeäscherte „Russen“ gibt es dort Dokumente aus der Einwohnermeldekartei des zuständigen Standesamts in Büren mit dem Eintrag „…wohnhaft in Wewelsburg“ .. „ist in Wewelsburg…verstorben“. Als Sterbedatum ist der gleiche oder der nächste Tag nach der „Entlassung“ aus Gestapohaft in Dortmund angegeben.
Ist es glaubwürdig, dass 98 Menschen, die im KZ Wewelsburg waren, zuerst dort von der Gestapo verhaftet und nach Dortmund gebracht wurden, dann, nach ihrer Entlassung aus der Gestapohaft, am darauffolgenden Tag in Wewelsburg verstarben, danach nach Dortmund geschafft und dort eingeäschert wurden? Nach Dokumentenlage brachte man jedenfalls die Urnen mit der Asche nach Wewelsburg. Im März 1943 wurden, nach einem Vermerks des SS-Grupenführer Schobel, 55 Urnen der im Oktober eingeäscherten Russen „..wieder an HfH-Do überstellt“. Die Asche der Ermordeten hatte man auf den Felder rund das SS-Lager Wewelsburg verstreut.


Die Britische Kommission stellte in Dortmund wegen fehlender Dokumente keine weiteren Untersuchungen an.

Dennoch ist merkwürdig, dass in 4 Jahren für das Krematorium in Dortmund nur für zwei Monate täglichen Einäscherungen von Kriegsgefangenen belegt sind. In einigen Monaten gibt es zwei-drei Tage an denen Einäscherung stattfanden. Dann folgen mehrere Monaten, ohne dass die Einäscherung von Kriegsgefangenen dokumentiert wäre.

Andererseits ergibt sich aus den Dokumenten ein Vorgehen der Gestapo. Mehrere Personen, hinter deren Namen sich der Vermerk „entlassen“ befindet, wurden noch am selben Tag im Krematorium eingeäschert. In den Jahren 1941 bis 1944 gibt es hunderte Namen in den Listen der Gestapo-Dortmund mit diesem Vermerk.
Das Dortmunder Krematorium war eines der modernsten in Deutschland. Dort wurden nicht nur Einäscherungen für Dortmund, sondern auch für Bochum, Bielefeld und sogar für Berlin gemacht . So sind auf einem Gräberfeld auf dem Friedhof Blumenstraße in Bochum, auf dem sowjetische Kriegsgefangene und Zivilarbeiter*innen beerdigt sind, 309 Urnen begrabenen, die mit große Wahrscheinlichkeit aus dem Dortmunder Krematorium kamen. Auf diesem Friedhof wurden während des Krieges auch sowjetische Bürger beerdigt.


Noch trauriger wird die Geschichte durch einen weiteren Punkt. Von 98 „Russen“ erscheinen nur 97 im Wewelsburg auf einer Gedenktafeln. Alexander Kwetkin aus der ukrainischen Stadt Pawlopol hat kein Platz an diesem Ehrenort gefunden. Er hatte sehr oft Pech. Zuerst hat ein Dolmetscher seinen Namen nicht als Kwetkin sondern Quetkin registriert, danach kam er in das SS-Lager Wewelsburg.

Die Tafel in der Gedenkstätte Wewelsburg zeigt die Namen der dort Ermordeten

Ist Alexander Kwetkins Schicksal ein Einzelfall oder gibt es möglicherweise weitere Opfer aus dem SS-Lager Wewelsburg , die von der Gestapo Dortmund ermordet und deren Asche im Wewelsburg verstreut wurde und die heute vergessen sind. Oder sind möglicherweise hunderte Opfer der Gestapo in Dortmund geblieben? Wurden sie hier eingeäschert und wo sind sie begraben? Klarheit können nur weitere Nachforschungen bringen. Jedenfalls sollten alle Opfer der Gestapo, deren Asche in Wewelsburg verstreut wurde, einen Platz auf der Gedenktafel finden.

Wie steht es mit der Erinnerungskultur in Dortmund?

Wie steht es 75 Jahre nach der Befreiung vom Nationalsozialismus und dem Ende des Zweiten Weltkriegs mit dem Gedenken und der Erinnerung an die Opfer des Krieges in Dortmund?
Auf dem Hauptfriedhof befindet sich ein Ehrenmal und ein Gräberfeld. Links und rechts des Weges stehen fast 3500 Kreuzen. Sie tragen die Namen der deutschen Kriegsopfer in Dortmund. Beigesetzt wurden hier Dortmunder*innen, die im Bombenhagel umgekommen sind, aber auch Soldaten der Wehrmacht, alte Männer und Jungen, die beim Volkssturm waren oder bei Flak-Abteilungen. Die große Zahl der Kreuze zeigt augenfällig die große Zahl der Menschen war, die in Dortmund in einem sinnlosen, verbrecherischen Krieg ums Leben kamen. Hier zeigt sich die Tragik des Krieges mit jedem einzelnen Kreuz.

Deutsche Kriegsgräber auf dem Hauptfriedhof in Dortmund

Wenige Meter davon entfernt befindet sich der Internationale Friedhof am Rennweg. Dort wurden während des Zweiten Weltkriegs Kriegsgefangene und Zivilarbeiter*innen u.a. aus Polen, Serbien und der Sowjetunion, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten, gegraben.
Seit mehreren Jahren ist auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg, der auch Ausländerfriedhof genannt wird, ein Projekt geplant. Zum Gedenken und zur Erinnerung sollen Stelen mit den Namen der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen aufgestellt werden, die hier beerdigt sind. Die Verstorbenen wurden während des Krieges sehr oft anonym begraben. Wie viele es tatsächlich waren ist bis heute unbekannt. In einem sowjetischen Dokument aus dem Jahr 1945 wird die Zahl der dort begrabenen sowjetischen Opfer mit 17.000 angegeben. Dokumente der Stadt Dortmund aus der Nazizeit und der Nachkriegszeit geben an, dass fast 5000 sowjetische Bürger*innen auf dem Ausländerfriedhof begraben sind.
In der Nachkriegszeit wurden auf den Gräberfeldern Obelisken aufgestellt, ein Kreuz, ein Grabstein oder Grabmäler mit ihren Namen blieb den verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen, anders als den Verstorbenen anderer Länder, bis heute versagt.

Gräber der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen auf dem Internationalen Friedhof am Rennweg in Dortmund

2014 hat eine Kommission, bestehend aus der Stadt Dortmund, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. , der Botschaft der Russische Föderation und der Bezirksregierung in Arnsberg, den Friedhof besichtigt. Bei der Besichtigung 2014 wurde zu Protokoll genommen, dass alle Beteiligten der Vereinbarung Verantwortung für das Projekt tragen. Es wurde festgehalten, der historische Verein „Ar.kod.M e.V.“ ordnet alle gefundene Namen alphabetisch nach Feldern. Das ermöglicht Zahl und Design der Stelen zu planen. Die Botschaft der Russischen Föderation überprüft alle gefundenen Namen auf Basis vorliegender Dokumente. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. übernimmt die Namensliste für die Übertragung auf die Stelen. Die Bezirksregierung in Arnsberg beantragt die Bundesmittel, die Stadt Dortmund ist für die Realisierung des Projekts zuständig.

Der historische Verein „Ar.kod.M e.V.“ hat einen Datenträger mit dem Arbeitsergebnis an die entsprechenden Stellen übergeben. Seit August 2014 gibt es aber keine Fortschritte in diesem Projekt, vielmehr wurden verschiedene Gründe, wie etwa keine Finanzierung, keine Genehmigung, Verzögerungen im Planungsprozess, genannt. Zuletzt wurde als Grund für die Verzögerungen fehlende Kapazitäten in den Planungsbüros für die erforderlichen Bodenuntersuchungen genannt. Verständlich ist, dass vor der Errichtung der Stelen auch Bodenuntersuchungen und Planungen erforderlich sind, die die Standfestigkeit sicherstellen.

Der „Internationale Friedhof“ ist auch als Jüdischer Friedhof bekannt. Dort befinden sich seit dem 1920ziger Jahren jüdische Grabstätten. 2016 wurde hier eine Platte verlegt. Die jüdische Gemeinde erinnert damit an die jüdischen Soldaten, Offiziere und Generale, die ihr Leben in Zweiten Weltkrieg verloren haben und an deren Einsatz und die Opfer, die sie für die Befreiung vom Nationalsozialismus gebracht haben. Diese Platte wurde 2019 gegen ein Denkmal aus schwarzem Marmor ausgetauscht. Sicherlich waren auch für dieses Denkmal Bodenuntersuchungen erforderlich um die Standfestigkeit sicherzustellen. In jedem Fall ist es den Initiatoren des Denkmals gelungen das Gedenken und die Erinnerung an die jüdischen Menschen, die in den alliierten Armee gekämpft und an der Befreiung Deutschlands von Krieg und Nationalsozialismus einen großen Anteil haben, würdig zu gestalten.

Denkmal für die im 2. Weltkrieg in den Armeen der Alliierten gefallenen jüdischen Soldaten, Offiziere und Generale

75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Befreiung vom Nationalsozialismus hat nun auch die Stadt Dortmund eine besondere Verantwortung, an die Menschen, die hier Zwangsarbeit geleistet haben, zu erinnern und ihnen ihre Namen zurückzugeben. Auf den Zechen und in den Betrieben in Dortmund bestand die Belegschaft oft zu 50 % aus Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen. Diese Menschen haben mit der deutschen Bevölkerung gemeinsam gearbeitet. Ihr Leben, besonderes das der Menschen aus der Sowjetunion, war hart und entbehrungsreich. Sie waren in Lagern untergebracht und haben unter fehlender Versorgung, Krankheit und rassistischer Verfolgung gelitten. Nach ihrem Tod wurden sie oft anonym gegraben. Dies gehörte zum rassistischen Programm der Nazis. Einige Jahre später wurden die Gräber eingeebnet, so dass wir heute nur noch Rasenfläche vorfinden, wo sich einst Gräber befanden. Die Stadt Dortmund hat weder während des Krieges noch in der Nachkriegszeit ihren Umgang mit den Bestattungsorten der Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen hinterfragt und so ein schwieriges Erbe hinterlassen.

Die Jüdische Gemeinde erinnert mit einem Denkmal an die Verdienste von jüdischen Soldaten, Offiziere und Generale, die ihr Leben in Zweiten Weltkrieg verloren haben, dafür muss ihr gedankt werden.
Es ist jetzt schlicht und einfach die Verantwortung der Stadt Dortmund, ein würdiges Andenken an die Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion zu schaffen, die als Zwangsarbeiter*innen in dieser Stadt lebten, litten und starben.

Wer sind die Ermordeten in der Bittermark?

Ein tragisches Kapitel in der Geschichte der Stadt Dortmund sind die Ereignisse in der Bittermark im Frühjahr 1945. Gemeint ist das grausame Verbrechen der Nazis in den letzten Kriegstagen. Kurz nach dem Kriegsende wurde die Massenmorde bekannt. Was in den Gestapoleuten vorging, die Hunderte der eingesperrten Opfer erschossen haben, können wir nur vermuten. Geschah es aus Wut über den verlorenen Krieg oder war es der Versuch die Verbrechen zu verbergen? Zu den Opfern dieser Tat zählen Hunderte von Gefangenen aus Gestapohaft. Selbst die Anzahl der Erschossenen gibt bis heute Anlass für weitere Recherchen. In der Broschüre „Katyn im Rombergpark“ ist zunächst die Rede von drei Begräbnisorten mit 100, 99 und 2 Leichnamen, insgesamt also 201. Wenige Seiten später wird von 238 Opfern berichtet, die auf verschiedenen Friedhöfen, unter anderem in Aplerbeck und Hörde, beerdigt wurden. 1954 wurde entschieden eine gemeinsame Grabstätte in der Bittermark zu schaffen. Zu diesem Zeitpunk wird in der Literatur schon von 254 Toten berichtet. Ist es möglich, dass einige der 18 im Johannes-Hospital in Hörde verstorbenen „Sowjets“ mit umgebettet wurden? Heute sind nur 12 sowjetische Namen in Hörde auf Kreuzen zu sehen. Die anderen 6 werden nicht mehr erwähnt. Seit einigen Jahren wird von 309 oder von über 300 „Opfern in der Bittermark“ gesprochen.
Noch mysteriöser erscheint die Suche nach den Namen der Opfer. Verständlicherweise wurden Opfer der Gestapo aus Dortmund und Umgebung von Familienangehörigen identifiziert. Im Buch Beutel/Klose „Katyn in Romberg-Park“, Seite 26, wird das Vorgehen sehr präzise beschrieben. Dort gibt es ein paar Stellen, bei denen die Identifizierung nicht so eindeutig ist. Eine Leiche wurde nur anhand „einer Narbe auf der Hand“ wiedererkannt. Mehrere Körper wurden überhaupt nicht von Familien identifiziert, sie wurden aber trotzdem „als wahrscheinliche Opfer“ namentlich genannt. Dazu zählen auch Personen, die in den letzten Tagen u.a. in Bochum, Hagen, Witten, Lüdenscheid oder Herdecke verhaftet wurden und zum möglichen „Abtransport nach Dortmund“ bestimmt waren. Viele sind aufgrund von Meinungsäußerungen oder ihrer politischen Auffassungen spurlos verschwunden. Das war für ihre Familien ganz schrecklich.

Äußerst schlechter ist die Beweislage bei der Identifizierung von ausländischen Opfern. Keiner der Ermordeten hatte Papiere, Erkennungsmarken oder andere privaten Gegenstände dabei. Eine Aussage aus der Nachkriegszeit in den Akten der Staatsanwaltschaft, die in dem Buch „Mit Stacheldraht gefesselt – Die Rombergparkmorde. Opfer und Täter“, von Lore Junge, Seite 129, zitiert wird, besagt dass ein LKW nach der Fahrt zum Erschießungsort mit allen Kleidungsstücken zurückgekommen ist. Das widerspricht den Textstellen, die beschreiben, dass die Familien ihre Verwandten anhand von Kleidungsresten identifiziert haben. Wie kann es sein, dass nach mehreren Jahren eine große Zahl der westlichen Opfer identifiziert wurde? Welche Beweise gibt es für diese Behauptungen? In der Veröffentlichung – „Mit Stacheldraht gefesselt – Die Rombergparkmorde. Opfer und Täter“, L. Junge, wird nur beschrieben, dass mehrere Menschen verschiedener Nationen gefasst und später vielleicht zur Gestapo nach Hörde abtransportiert wurden. Reicht das als Beweis für die Eintragung in die „Opferliste“?
Wir versuchen den Beweisen zu folgen und uns ein Bild von den Nachforschungen zu machen. Die Identifizierung der ersten Opfergruppe, der Deutschen, ist trotz einiger Zweifel noch glaubwürdig. Warum werden in den Veröffentlichungen von Detlev Peukert, aus den Jahren 1976 und von Lore Junge, aus dem Jahr 1999 plötzlich die Namen von anderen Gestapo-Opfern genannt? Gab es eine wissenschaftliche Arbeit, die neue Dokumente ausfindig gemacht hat? Gibt es eine neue Beweislage? In den verfügbaren Publikationen wird nichts darüber berichtet. Als Grundlage der Veröffentlichungen werden die Namen aus früheren Publikationen genannt. Es stellt sich die Frage, ob es ausreicht einmal in einem Text zu erscheinen, um als Gestapo-Opfer, das in der Bittermark ermordet wurde, anerkannt zu werden?

Wir haben die verfügbaren Dokumente auf eine andere Art untersucht. Was haben alle genannten Namen gemeinsam? Unsere Ergebnisse zeigen, dass all diese Menschen in den letzten Monaten aus „politischen“ und „wirtschaftlichen“ Gründen verhaftet und zu einer Gestapostelle gebracht wurden. Das Wichtigste aber ist, dass alle diese Namen den Vermerk „entlassen“ oder „von Gestapo entlassen“ tragen. Die Gestapo hat diese Menschen nicht frei gelassen. Dieser Vermerk war für die Inhaftierten das Todesurteil. Ab und zu findet man noch Vermerke wie „Transport“, oder „ von Gestapo abgeholt“. Aber solche Vermerke bedeuteten bereits 1942 das Todesurteil. Das könnte bedeuten, dass möglicherweise alle Gestapo-Inhaftierten der letzten Kriegsmonate als Erschossene in der Bittermark gewürdigt werden könnten, weitere Nachforschungen sind deshalb unbedingt notwendig.
Ein besonderer Anlass für unsere Arbeit ist das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen und Zivilarbeiter*innen. In Akten aus der Nachkriegszeit lesen wir, dass die meisten der in der Bittermark erschossenen Personen Ostarbeiter und Sowjets seien. Ein Dokument der britischen Kommission besagt, dass vermutlich 95 „Russen“ in der Bittermark ermordet wurden. In einem anderen Texten ist zu lesen, dass ein Widerstandskämpfer und vier Russen abtransportiert wurden. Die Gestapo-Akten zeigen, dass auch sowjetische Bürger in den letzten Monaten mit der Begründung „politisch“ oder „Arbeitsverweigerung“ in Gestapo – Haft genommen wurden. Und mindestens 87 von ihnen hatten als Vermerk „entlassen“. Weitere 20 „Russen“ haben den Vermerk „abtransportiert“. Bis heute wurde kein Name der Genannten unter den Überlebenden oder Befreiten gefunden. Selbstverständlich hat kein Mensch aus UdSSR eine Anfrage zum Verbleib ihrer Verwandten nach Deutschland gesandt. Während westliche Kriegsgefangene und Zivilisten mit ihren Familien die ganze Zeit Kontakt hatten, hatten „Sowjets“ keine Möglichkeit über ihre Unterbringung zu berichten. Sie waren und bleiben „unbekannte Opfer“ dieses grausamen Krieges. Dagegen müssen wir etwas tun!!!

Land der grünen Schilder

Für die Tätigkeit des historischen Vereins Ar.kod.M e.V. ist es wichtig zu wissen, wie Erinnerungsarbeit in anderen Städten und Bundesländern aussieht. So habe ich meine Freunde in Hamburg und Umgebung besucht. Zu meinem Programm gehörten Fahrten zu Gedenkstätten im ehemaligen Wehrkreis X. Die Wehrkreise waren Verwaltungseinheiten der Wehrmacht, insgesamt gab es 18 Wehrkreise in Deutschland und Österreich. Zum Wehrkreis X gehörte Hamburg, die gesamte Nordseeküste und die nordwestliche Ostseeküste bis Lübeck sowie das Hinterland.

Bereits auf der Fahrt zu den Gedenkstätten habe ich die vielen Schilder bemerkt, die auf die Erinnerungsorte und Friedhöfe hinwiesen. Die grünen Schilder tragen drei Kreuze, das Logo des Volksbundes Deutschen Kriegsgräberfürsorge e.V.

Den Besucher*innen zeigen Hinweisschilder am Straßenrand den Weg zu den Außenlagern der KZs und den Friedhöfe. Schon auf der Straße werden die Autofahrer*innen darauf hingewiesen, wie weit es vom jeweiligen Ortskern oder vom Parkplatz zum Erinnerungsort ist.

Nach dem Besuch der Gedenkstätten hatte ich den Gedanken „wie groß ist doch die Zahl solcher Erinnerungsorte in Norddeutschland“. Haben die Nazis im Norden Deutschlands noch brutaler geherrscht als an anderen Orten? Eine Karte in der Ausstellung des KZs Neuengamme weist eine vergleichbare Dichte von Arbeitskommandos und kleinen Lagern auf wie in ganzem Deutschen Reich. Aber in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein zeigen die Verantwortlichen an zahlreichen Erinnerungsorten das ganze Ausmaß der Naziverbrechen. Auf allen Friedhöfen, auf denen Kriegsopfern begraben sind, werden die Grabplatten und die Stelen mit den Namen der Verstorbenen ständig erweitert, wenn weitere Namen durch neue Forschungsergebnisse vorliegen. Bei der Verwaltung der Friedhöfe liegen Dokument und Sterbebücher. Sie sind für Interessierte zugänglich. Die Namen der Menschen, die eingeäschert wurden, sind auf Gedenktafeln der Lager eingetragen. In den Gedenkstätten werden in Schaukästen die Forschungsarbeiten von Schülerinnen und Schülern gezeigt. Die Gedenkstätten werden auch bei schlechtem Wetter gut besucht.

Lässt sich daraus schließen, dass die Verantwortlichen im Norden Deutschlands ein größeres Interesse und mehr Mut haben, die Verbrechen der Nazis zu thematisieren?

„Geschichtsachse“ oder „Konzertflügel im Busch“

In Russland gibt es ein geflügeltes Wort „Rojal w Kustach“, „der Konzertflügel im Gebüsch“, ein- bis zweimal im Jahr wird er für ein feierliches Konzert hervorgeholt, den Rest des Jahres ist er im Gebüsch vergessen. Es besteht die Gefahr, dass das geplante Zwangsarbeiter*innen-Denkmal, das demnächst auf der Kulturinsel im Phönix-See errichtet werden soll, ein ähnliches Schicksal erleiden könnte.

Im Frühjahr 2019 fasste der Rat der Stadt Dortmund endlich einen Beschluss: das Zwangsarbeiter*innen Denkmal soll auf der Kulturinsel im Hörder Phönix-See errichtet werden. Bis zu diesem Beschluss war es ein langer Weg. Von Dortmunder Bürger*innen wird seit vielen Jahren ein Ort gefordert, der an die Menschen, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten, erinnert. Vereine und Initiativen in Dortmund setzen sich seit Jahren für die Errichtung einer solchen Gedenkstätte ein. Immerhin gab es für ein Zwangsarbeiter*innen-Denkmal einen Wettbewerb am Fachbereich Architektur der FH Dortmund und eine glückliche Gewinnerin. Doch der prämierte Entwurf landete fürs erste in der Schublade. Nachdem die Entscheidung für die Errichtung des Denkmals gefallen war, musste die Gewinnerin des Wettbewerbs erst noch ausfindig gemacht werden, denn sie hatte inzwischen ihr Studium abgeschlossen und Dortmund verlassen. Da nun die Urheberfragen geklärt waren, hätte dem Bau des Denkmals nichts mehr im Wege gestanden. Am südlichen Ufer des Phönix-Sees wurde ein Platz gefunden, doch dann kamen Einsprüche von Anwohner*innen, die den tagtäglichen Anblick eines solchen Denkmals als Zumutung empfanden. Nach dem Ratsbeschluss im Frühjahr 2019 schließlich hätte der Errichtung des Denkmals nichts mehr im Weg gestanden, zumal auch die Finanzierung gesichert ist. Es fehlen nur noch die erforderlichen Baugrunduntersuchungen. Doch nicht nur der sich ständig verzögernde Baubeginn, sondern auch der Standort auf der Kulturinsel gibt Anlass zu Fragen und Kritik.

Geplanter Standort des Zwangsarbeiter*innen Denkmal auf der Kulturinsel. Der Pfeil zeigt den von uns vorgeschlagenen Standort

Wie zu erfahren war, soll der derzeit angedacht Standort auf Wunsch der Stadtspitze gewählt worden sein. Unglücklicherweise wird das Denkmal dort durch Bäume und Elektroverteiler verdeckt. Dieser eher abgelegene Platz auf der Kulturinsel dient den Besucher*innen heute für allerlei Zwecke. Er wird als Hundewiese genutzt, und da der Ort schlecht beleuchtet ist, wird er nachts für private Partys und anderes benutzt. Grund für die Standortwahl sei auch die Zurückgezogenheit des Ortes, doch nur sehr wenig spricht für einen solchen Standort für ein Denkmals, das an die Zwangsarbeit in Dortmund erinnern soll. Es steht dort versteckt hinter Infrastruktureinrichtungen und Bäumen und ist vom einzigen Zugang zur Kulturinsel nur eingeschränkt einsehbar. Die Rasenfläche hinter dem Denkmal könnte zukünftig verstärkt zu privaten Partys einladen und sogar das Denkmal selbst könnte Ort nächtlicher Vergnügungen werden. Die Lage birgt zudem die erhöhte Gefahr von Vandalismus. Dieser Ort ist schwerlich ein Erinnerungsort, der den Menschen das Schicksal von tausenden Zivilarbeiter*innen und Kriegsgefangenen, die in Dortmund Zwangsarbeit leisten mussten, näher bringt.

Warum erhält ein solches Denkmal keinen exponierten Platz auf der Kulturinsel? Soll es wie der „Konzertflügel im Busch“ ein oder zweimal im Jahr als Kulisse für Gedenkfeiern dienen, statt als Teil einer Geschichtsachse für die Dortmunder Bürger*innen ein sichtbarer Erinnerungsort an die bisher leider nur teilweise aufgearbeitet Geschichte der Zwangsarbeit in Dortmund zu sein. Die Belegschaften vieler Dortmunder Betriebe und Zechen bestanden während des 2. Weltkrieges zu fast 50 % aus Zwangsarbeiter*innen. Alleine Hoesch hatte nach eigenen Angaben, aus dem Jahr 1946 gegenüber der Britischen Militärverwaltung, mehr als 13 500 Arbeitskarten von sowjetischen Zwangsarbeiter*innen.

Denkmal: Zwei Brammen aus einer der letzten Hörder Schmelzen, im Hintergrund die Kulturinsel mit der Thomas-Birne


Das Denkmal auf der Kulturinsel muss zu einem Erinnerungsort werden und zusammen mit der Thomas-Birne auf der Kulturinsel und der Erinnerungstafel für das Stahlwerk Phoenix Ost am nahen Seeufer eine Geschichtsachse bilden.

Viele Fragen sind noch offen

Auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkriegs sind viele Fragen zum Thema Kriegsopfer noch nicht geklärt. Viele Familien in Russland und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion möchten etwas über das Schicksal ihrer Angehörigen wissen, die in Deutschland während des 2. Weltkriegs umgekommen sind. Dank neuer Kommunikationsmöglichkeiten gibt es die Möglichkeit weltweit zu kommunizieren. Über das Internet habe ich Kontakte zu meinen Landsleuten in der früheren Sowjetunion. So haben viele Familien mit mir Kontakt aufgenommen und mich um Hilfe gebeten. Sehr oft fragen sie als Erstes nach Fotos vom Grab unseres Vaters oder Großvaters. Um diesen Wunsch zu erfüllen, begann ich deshalb die Friedhöfe in Dortmund und Umgebung zu besichtigen.
Zuerst war ich schockiert über die große Zahl der Grabstätten von „Russen“. Fast jede kleine Kommune hat mindestens einen Friedhof mit Gräbern sowjetischer Bürger und Bürgerinnen. In Dortmund habe ich insgesamt 24 Friedhöfe gefunden, außerdem zwölf weitere in der Umgebung von Dortmund. Wie viele Opfer in Dortmund und Umgebung tatsächlich bestattet sind, ist bis heute nicht bekannt.

Diese Friedhöfe sind sehr unterschiedlich gestaltet. In schlimmsten Fall gibt es dort, wo sich die Gräber befinden, nur Rasenflächen, aber oft gibt es in den Friedhofsämtern noch Namenslisten. Es gibt Friedhöfe mit Gräberfeldern, auf denen Grabmale oder Grabsteine stehen. Viele Grabmale wurden gleich nach dem Krieg von Menschen aus der Sowjetunion errichtet, um an die ZwangsarbeiterInnen und Kriegsgefangenen, die in Deutschland umgekommen sind, zu erinnern. Diese Grabmale sind manchmal in einem schlechten Zustand. Auf anderen Friedhöfen wurden Grabsteine oder Grabmale von deutschen Friedhofsverwaltungen oder engagierten Bürgern errichtet. Dies geschah meistens mit Hilfe des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Die Namen und Daten auf diesen Grabmalen sind häufig ohne Prüfung aus kommunalen Dokumenten übernommen worden. Leider wurden bei der Erstellung dieser Dokumente die Namen sehr oft falsch geschrieben und die falsche Schreibweise findet sich bis heute auch auf den Grabmalen wieder. Für die Pflege und Erhaltung von Ruhestätten sowjetischer Bürgerinnen und Bürger, die im 2. Weltkrieg in Westdeutschland als Kriegsgefangene oder ZwangsarbeiterInnen umgekommen sind, gibt es leider kein Gesamtkonzept. So geht jede Kommune mit diesen Grabstätten nach eigenen Vorstellungen um. Selbst wenn die Grabstätten hergerichtet werden, fehlen oft Kompetenz und Sprachkenntnisse, so dass die Schreibung der Namen bei einer Instandsetzung weiterhin fehlerhaft bleibt. Eine falsche Schreibweise der Namen ist für die Familien der Verstorbenen ein großes Problem, denn dadurch wird das Auffinden eines Angehörigen sehr erschwert, wenn nicht unmöglich.

Friedhof am Duloh in Hemer

Da sich in vielen kommunalen Archiven noch Listen mit den Namen der Verstorbenen und andere Dokumente befinden, habe ich dort für die Familien Nachforschungen angestellt. Bei der Suche bin ich aber zunächst auf große Schwierigkeiten gestoßen. Mir wurden anfangs alle Suchaktionen aus Datenschutzgründen untersagt, deshalb habe ich mit Gleichgesinnten den historischen Verein Ar.kod.M e.V. (Allrussische Kriegsopferdaten Memorial e.V.) gegründet. Das hat den Zugang zu den Archiven ermöglicht. Die Ergebnisse dieser Recherchen poste ich im Internet, um sie den Familien zur Verfügung zu stellen.

Bei mir ruft es unbeschreibliche Emotionen hervor, wenn Menschen bei der Suche nach ihren Familienangehörigen Erfolg hatten. Die Kontakte zu den Familien von Opfern sind mir sehr wertvoll. Es freut mich immer sehr, wenn Familien die Gräber ihrer Angehörigen in Westdeutschland durch meine Arbeit finden und sie besuchen können.

Wäre es möglich für alle Friedhöfe Nachforschungen anzustellen, könnten mehr Menschen ihre Familienangehörigen finden. Leider stoßen weiterführende Nachforschung bisweilen auf Ablehnung. Kommunen berufen sich stattdessen auf Namenslisten, die anhand von Dokumenten aus der Nazizeit aufgestellt wurden. Diese Dokumente geben aber nur zu oft Verfahrens- und Sichtweisen der Nazis wieder. Die Dokumente aus der Nazizeit bedürfen daher selbst einer kritischen Bewertung. Sowjetischen Kriegsgefangenen blieb beispielsweise nach ihrem Tode der Eintrag in das örtliche Standesregister versagt. Sie wurden, wenn sie in einem Stalag verstorben sind, als „Unbekannte“ bestattet. Die Lagerleitung teilte den Kommunen die Namen der Verstorbenen nicht mit, obwohl ihr die Identität dieser Menschen bekannt war. Die Registrierungsdokumente der verstorbenen Kriegsgefangenen wurde aber an die Wehrmachtsauskunftstelle (WASt) weitergeleitet.

Auch 70 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges sind Nachforschungen möglich. Heute stehen für Nachforschungen zahlreiche Archive zur Verfügung, in denen eine sehr große Zahl Dokumente lagern, die Aufschluss über die Identität der Verstorbenen geben können. So zeigen über 3 Mio. Dokumente von verstorbenen sowjetischen Kriegsgefangenen im Gesamtarchiv des Verteidigungsministeriums der Russische Föderation (Общая База Данных – Мемориал OBD-Memorial) in Podolsk bei Moskau heute das Ausmaß der Verbrechen. Zu den Beständen gehören Dokumente aus der Kriegszeit und der Nachkriegszeit, u.a. Todeslisten, Arbeitshefte aus Betrieben, Arbeitskarten, Transportlisten und Überführungskarten sowie Namens- und Opferlisten, die im Auftrag der Alliierten nach Kriegsende angefertigt wurden. Alle diese Dokumente sind für Interessierte offen auf der Internetseite von „OBD-Memorial“ www.obd-memorial.ru zu sehen und sie ermöglichen heute neue Erkenntnisse durch Informationen, die nach dem Krieg nicht zugänglich waren. Mithilfe von Dokumenten der Roten Armee kann die falsche Schreibweise des Namens in vielen Fällen korrigiert werden. Der Zugang zu diesen Dokumenten macht es möglich fast vollständige Namenslisten von Kriegsopfern zu erstellen.
Die Resultate dieser Nachforschungen ergeben höhere und viel glaubwürdigere Zahlen von Opfern, die in einem verbrecherischen Krieg gestorben sind. Die Ergebnisse der Recherchen ermöglichen uns die Grabstätten, die bisher nur einfache, namenlose Rasenflächen sind, zu würdigen Ruhestätten für die Opfer umzugestalten.

Dmitriy Kostovarow